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Biwak im Hermannskar mit Marchspitze & Co.  (gelesen 10190 mal)

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Offline Max

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Biwak im Hermannskar mit Marchspitze & Co.
« am: 21. Jul 2010 - 12:18 Uhr »
Bomben Wetter, zwei Tage frei und sonst auch nichts vor. Was liegt da näher als kurzerhand in die Allgäuer zu düsen und eine ausgedehnte Rundtour samt Biwaknacht zu genießen!
Schon seit längerem bizeln mich die Gipfel um die dominierende Marchspitze in der Hornbachkette und auch das darunter liegende Hermannskar schien sich für ein Biwak förmlich anzubieten. Genaues über passende und geschützte Lagerplätze wusste ich jedoch nicht, deshalb konnte das nur direkte Versuch zeigen...

Tag 1:
Nach einer entspannten Anfahrt, starteten mein Vater und ich schon recht früh von Elbigenalp aus, schließlich hatten wir heute noch ein bisschen was vor. Der 15-Kilo-Rucksack drückte doch ziemlich und so waren wir froh, dass sich die ersten Kilometer durch das schöne Bernhardstal annähernd flach gestalten.
Im Talschluss angekommen, zieht der teilweise undeutliche Weg gnadenlos in die Höhe und auch die intensive Sonnenstrahlung zwang uns zu einer kurzen Rast bei einer Jagdhütte. Die einsamen und kaum je bestiegenen Faulewandspitzen und unser heutiges Ziel, die dominierende Marchspitze senden uns den ersten Gruß an diesem Tag - puuh, dass ist schon noch ein gutes Stück dort hinauf. Genau an der Stelle, an der der Weg das erste Mal freies und gerölliges Gelände durchquert, verlässt man ihn und strebt den welligen Böden des Hermannskars entgegen. Auf ca. 1950 - 2050 Metern Höhe fanden wir schließlich einen herrlichen, topfebenen Platz an einem Gebirgsbach vor. Wie gemacht für eine entspannte Nacht! Geschwind die ganze überflüssige Ausrüstung abgelegt und schon trieb uns die Vorfreude auf den immer näher rückenden Gipfel weiter bergwärts.
Problemlos gelangt man in einer halben Stunde zum weltabgeschiedenen Hermannskarsee, der von einer eindrucksvollen Felszenerie überragt wird. Im Süden schieben sich immer mehr der bekannten Lechtaler in das Blickfeld - einfach wunderschön. Nachdem wir uns halbwegs satt gesehen haben, nahmen wir den zugegebenermaßen wenig einladenden Geröllschinder hinauf in die Spiehlerscharte in Angriff. Am besten hält man sich etwas rechterhand, wo spärliche Grasbüschel das Steigen anfangs erleichtern. Eine neue Welt tut sich jenseits auf, wir schauten jedoch wie zwei begossene Pudel, als eine dicke Wolkenwand über dem Allgäuer Hauptkamm stand. Da mein Vater heute Probleme mit seiner gereizten Fußsehne hatte, war für ihn schließlich im Kessel direkt unter dem Westgrat Schluss. Ich kletterte hingegen den knackig steilen Kamin zum Grat vollends hinauf und hielt mich oben immer an der traumhaften Himmelsleiter direkt zum Gipfel. Anfangs umgeht man noch einen Teil des Westgrats auf gutmütigen Bändern in der Nordflanke, bevor man sich an die Gratkannte hält. Gegen 15 Uhr stand ich endlich neben dem kleinen Alukreuz auf 2610 Meter, rund 8 Stunden nach unserem Aufbruch im Tal. Mystisch umspielten die Wolken den nahen Krottenkopf, während die Aussicht im Süden wirklich atemberaubend war. Hinüber in die nördlichen Allgäuer sah man heute leider nicht, nur einmal ganz kurz nach Hinterhornbach. Macht nichts, dachte ich mir, morgen ist auch noch ein Tag und da soll das Wetter besser sein. Nach dem Eintrag ins Gipfelbuch (die Marchspitze wird im Schnitt 10 - 15 mal im Jahr bestiegen), ging es vorsichtig über den Westgrat abwärts. Wieder vereint fuhren wir im Geröll in Richtung Hermannskarsee ab und erreichten am frühen Abend unseren Biwakplatz. Es folgte die übliche Prozedur: Kochen, Waschen, gekühltes Bier aus dem Bach holen, Essen usw.  ;)
Gegen 22 Uhr hat dann irgendjemand den Lichtschalter ausgemacht und wir verkrochen uns in das heimelige Biwakzelt - eine ruhige und sternenklare Nacht nahm ihren Anfang.

Tag 2:
Was schon so spät, durchfuhr mich der Blick auf die Uhr. Wir hatten ordentlich verpennt, denn es war schon kurz nach sieben und über den Gipfeln des Kars kündigte sich ein herrlicher Tag an. Nach einem spärlichen Frühstück und der leidigen Packerei schlichen wir um halb 9 dem Verbindungsweg Kemptner - Barthhütte entgegen. Normalerweise bin ich kein Freund von Morgensport, aber angesichts der phänomenalen Morgenstimmung über dem Lechtal kann man da schon mal eine Ausnahme machen. Schneller als gedacht durchquerten wir das Birgerkar, bevor wir an der Abzweigung des Düsseldorfer Wegs erneut Teile unserer Ausrüstung zurück ließen. Das war auch gut so, denn unser heutiges Ziel erwies sich als ein ziemlich anstrengender Brocken. Ich spreche von dem Anstieg durch die brüchige Westflanke auf die Ilfenspitze (2540 m). Wir nahmen uns den nördlichen, d. h. höchsten Punkt der Gipfelschneide vor. Wen die Route genauer interessiert, der findet unter gipfelsuechtig.de eine gute Beschreibung. Die erwähnte Steilrinne ist ein wahrer Genuss, der anschließende Dreckschinder zur Gipfelscharte erfordert jedoch etwas Humor. Dann ist es nur noch ein Katzensprung am Südgrat entlang und man steht auf einem der einsamsten Gipfel der kompletten Allgäuer Alpen. Die Aussicht ist jedoch vom Allerfeinsten: Neben dem Gipfelmeer im Süden, weiß vorallem die nahe Marchspitze auf sich aufmerksam zu machen.
Zurück im Kar trieb uns die Aussicht auf ein kühles Bier förmlich den Berg hinab. Keine Stunde später hielten wir das Objekt der Begierde schließlich in Händen und stießen auf die beiden herrlichen Tage in der Hornbachkette an. Der Abstieg nach Elbigenalp ist oft beschrieben und war dann nur noch eine leidige Pflichtaufgabe...

Fazit: Traumhaft alpine Tour in einem ruhigen Abschnitt der Allgäuer. Wer keine Lust auf Biwakromantik hat, kann die Gipfel auch von der Barthhütte gut erreichen.

Bild 1: Das große Ziel erstmals im Blick, aber noch soo weit weg
Bild 2: Beim Zustieg zur Spiehlerscharte
« Letzte Änderung: 21. Jul 2010 - 13:12 Uhr von Max »
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Offline Max

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Re: Biwak im Hermannskar mit Marchspitze & Co.
« Antwort #1 am: 21. Jul 2010 - 12:19 Uhr »
Bild 3: Mystische Momente am Gipfel der Marchspitze
Bild 4: Endlich oben!
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Offline Max

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Re: Biwak im Hermannskar mit Marchspitze & Co.
« Antwort #2 am: 21. Jul 2010 - 12:20 Uhr »
Bild 5: Ohne Worte
Bild 6: Abendstimmung am Krottenkopf
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Offline Max

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Re: Biwak im Hermannskar mit Marchspitze & Co.
« Antwort #3 am: 21. Jul 2010 - 12:22 Uhr »
Bild 7: Ein Morgen aus dem Bilderbuch: Krottenkopf beim Anstieg zum Höhenweg
Bild 8: Im Birgerkar wird der Blick auf unser heutiges Ziel, die Ilfenspitze frei.
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Offline Max

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Re: Biwak im Hermannskar mit Marchspitze & Co.
« Antwort #4 am: 21. Jul 2010 - 12:23 Uhr »
Bild 9: Das weitläufige Birgerkar wird von der edlen Marchspitze überragt
Bild 10: Typisches Gelände an den Ilfenspitzen
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Offline Max

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Re: Biwak im Hermannskar mit Marchspitze & Co.
« Antwort #5 am: 21. Jul 2010 - 12:24 Uhr »
Bild 11: Chill out am höchsten Punkt der Ilfenspitzen
Bild 12: Abschiedsblick zum Hochvogel
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Offline Die_Grenzgaenger

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Re: Biwak im Hermannskar mit Marchspitze & Co.
« Antwort #6 am: 21. Jul 2010 - 19:51 Uhr »
@Max: Anscheinend hast du dich von der Bergauf-Bergab Sendung von vor 3 Wochen ispirieren lassen! Hier wurde ja über die Marchspitze berichtet.
Toller Beitrag von dir mit super Bildern.  :bravo

Grüsse Die_Grenzgänger
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Offline Max

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Re: Biwak im Hermannskar mit Marchspitze & Co.
« Antwort #7 am: 21. Jul 2010 - 19:55 Uhr »
Nicht ganz, die Tour war schon länger so geplant. Kam nur immer irgendwas dazwischen. Ja ich hab mit dem Wirt dann auch noch gequatscht, ein ziemlich lockerer und sympathischer Zeitgenosse. Ihm hat die Tour auch ziemlich gut gefallen und sie waren mit fünf Leuten vom BR unterwegs. Schon eine Menge Personal, die für so einen 15-min-Beitrag erforderlich ist...

Viele Grüße, Max
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Offline oliver

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Re: Biwak im Hermannskar mit Marchspitze & Co.
« Antwort #8 am: 21. Jul 2010 - 20:13 Uhr »
@Max  :-L) :-L)

Da habt ihr eine tolle Tour mit aufregenden Eindrücken hingelegt...und so ein Biwak in den Bergen hat einfach nochmal seinen ganz eigenen Charme  :feuer:

*auch biwakieren will*  ;)

Gruß Oliver
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Offline horst

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Re: Biwak im Hermannskar mit Marchspitze & Co.
« Antwort #9 am: 22. Jul 2010 - 00:44 Uhr »
Hallo Max,
  super Tour und mit Biwak clever überlegt-dann muß man nicht erst übers Schafschartl, wenn man zur Marchspitze geht. Sehr schöne Bilder und eine Beschreibung in frischen Worten :-L). Gefällt mir prima! :bravo

Viele Grüße, Horst
« Letzte Änderung: 22. Jul 2010 - 00:48 Uhr von horst »
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