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Gewitter im Gebirge  (gelesen 6695 mal)

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Offline kalle

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Gewitter im Gebirge
« am: 27. Jun 2007 - 20:03 Uhr »
Habe heute bei einem Internetrundgang einen interessanten Artikel über Gewitter im Gebirge auf der Webseite von Mark und Oliver gefunden.

Gerade jetzt, da die Wettersituation oftmals sehr instabil ist, ist dieses Thema von großer Bedeutung für den Alpinisten. Erst kürzlich bin ich selbst bei einer Tour in ein Gewitter geraten und habe, jetzt im Nachhinein weiß ich es auch, doch einiges falsch gemacht.

Zum Beispiel, dass man sich bei einem Gewitter mit eng geschlossenen Beinen hinhocken soll, da es beim Gehen zu einer gefährlichen Schrittspannung kommen kann.

Seid ihr am Berg auch schon einmal in ein Gewitter geraten? Habt ihr schon mal einen Blitzeinschlag in eurer Nähe erlebt? Eure Erfahrungen würden mich und vermutlich auch die anderen interessieren.

Zitat
Was ist denn eigentlich die beste Verhaltensweise, wenn man denn doch einmal so richtig hineingerät in ein Gewitter?

Bei fast allen Verhaltensregeln die ich bis jetzt dazu gelesen habe steht, dass man:

  • unbedingt vermeiden soll, den höchsten Punkt in der Umgebung darzustellen
  • sich auf den Boden hocken, die Knie anziehen und diese mit den Armen umschlingen soll (eine Spreizung der Beine unbedingt vermeiden wegen der gefährlichen Schrittspannung!)
  • alle Metallteile von seiner Ausrüstung entfernen soll (Stöcke, Regenschirm, Karabiner, etc.)
  • unbedingt freistehende Bäume meiden soll
  • sich nicht unter Felsüberhängen aufhalten soll (auch hier herrscht große Blitzgefahr, da der Fels den Blitz ebenfalls ableitet!)
  • sich auch nicht auf Graten oder in der Nähe des Gipfelkreuzes aufhalten soll
  • sich auch schnellstmöglich von Drahtseil- und Kettensicherungen entfernt und speziell bei Klettersteigen versucht so schnell wie möglich über den Notabstieg zu entkommen
   

Gruß
Kalle
« Letzte Änderung: 30. Mär 2015 - 12:02 Uhr von kalle »
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Offline servus

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Re: Gewitter im Gebirge
« Antwort #1 am: 27. Jun 2007 - 21:45 Uhr »
Also ich hätte auch geschaut, daß ich so schnell wie möglich vom Gipfelgrat weg komme.
Direkt wurde ich noch nicht vom Gewitter überrascht. Als wir im Mai am Schrecksee waren, hörten wir es in der Ferne grummeln und sahen auch die Gewitterwolken nordwestlich vorbei ziehen. Beim Rückweg waren wir gerade beim kurzen felsigen Teil des Weges nach der oberen Ebene, da begann es zu tröpfeln. Kaum hatten wir unsere Regenjacken angezogen, erwischte uns ein stürmischer Platzregen nach einem Hagelschauer von vielleicht zwei, drei Minuten. Der Regen ließ bald nach und eine Stunde später war wieder strahlender Sonnenschein.

Im Juli letzten Jahres waren wir auf dem Weg vom Wannenkopf zum Riedberger Horn, als es über dem Kleinen Walsertal zu zog. Der Pfad führt am oberen Waldrand entlang, so daß wir die Wetterentwicklung nicht beobachten konnten. Auf dem Riedberger Horn angelangt war der Himmel ringsum bedeckt, nur noch der Gipfelbereich war eine sonnige Insel.

Schon ein mulmiges Gefühl, wenn man nicht weiß, wie das Wetter sich entwickelt und der Rückweg noch weit ist. Im Gelände kann man eben nicht einfach schnell ins Haus flüchten.
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Offline oliver

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Re: Gewitter im Gebirge
« Antwort #2 am: 28. Jun 2007 - 14:57 Uhr »
Habe hier einen interessanter Bericht von zwei im August 2006 am Mindelheimer Klettersteig verunglückten Bergsteigern, die dort in ein Gewitter gerieten und einen oder mehrere Blitzschläge überlebten.
http://www.all-in.de/nachrichten/rundschau/Gute-Ausruestung-reicht-nicht;art2757,220139

Mir geht auch noch ein ganz bekannter Bergsteiger im Kopf herum, dessen größte und vielleicht auch einzigste Angst war von einem Blitz getroffen zu werden und der dann tatsächlich bei einem Gewitter ums Leben gekommen ist - leider fällt mir der Name nicht mehr ein.

(Update 03.07.2007: Friedl Mutschlechner starb 1991 am Manaslu durch einen Blitzschlag)
« Letzte Änderung: 30. Mär 2015 - 11:39 Uhr von oliver »
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Offline Andi

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Re: Gewitter im Gebirge
« Antwort #3 am: 28. Jun 2007 - 23:31 Uhr »
Ich kann mich an 2 Erlebnisse erinnern, bei denen ich im Gebirge in ein Gewitter geraten bin:
Beim ersten Mal war ich unerfahrenes Kind mit etwa 12. Nicht weit von der Landsberger Hütte, auf der ich mit einer befreundeten Familie übernachtete zog ein Gewitter auf und wir Kinder rannten draußen noch ein bißchen rum. Etwa 2 bis 3 Sekunden bevor eher unvermittelt ein Blitz etwa 30m von uns entfernt in einen Masten der Materialseilbahn glaub ich oder Ähnlichem einschlug, hatten eine Freundin und ich dass Gefühl, wir würden mit dem Gesicht in ein Spinnennetz laufen...
Sollte ich dieses Gefühl bei nem Wetterumschwung im Gebirge jemals wieder erleben, weiß ich was ich zu tun hab: Sofort flach auf den Boden werfen!
Beim zweiten Mal überredete mein Kumpel mich trotz Bedenken wegen des Wetters vor einigen Wochen in die Via Anita (Kletterroute in der Südwand des Hochwieslers) einzusteigen. Es war ein warmer, aber sehr wolkiger Tag und in der fünften Seillänge etwa zog am anderen Ende des Tannheimer Tals ein übles Gewitter auf. Wir beeilten uns in Richtung Ausstieg, um zackig abzuseilen, aber die blitzgefährliche Zone näherte sich derart schnell, dass uns nichts anderes übrig blieb, als sämtliche Metallteile vom Körper zu entfernen und das Gewitter in einer Felsniesche zu abzuwarten. Hätten wir uns im Gewitter mit völlig durchnässten Seilen abgeseilt, wären wir wohl leicht vom Blitz getroffen worden...
Etwa eine Stunde saßen wir zusammengekauert in dieser Felsniesche, sahen nur raus in die weiße Suppe, die alle paar Minuten vom nem hellen Blitz durchleutet wurde und es dauerte kaum 2 Sekunden bis der Donner folgte...
Dann klarte es bald auf und wir konnten uns gefahrlos über die grandiose Abseilpiste nach unten gleiten...
Muß ich mich jetz zum den unerfahrenen und/oder übermütigen "Risikoalpinisten" zählen?  ;D
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Offline Mimo

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Re: Gewitter im Gebirge
« Antwort #4 am: 29. Jun 2007 - 08:25 Uhr »
Ich kann mich an 2 brenzlige Situationen erinnern! Die erste hat uns an der hinteren Dremelscharte erwischt auf dem Rückweg von der Dremelspitze. Es zog sich sehr plötzlich dicht und fing an zu grummeln! Wir sind dann mehr oder weniger im Laufschritt Richtung Hanauer Hütte! Kurz vor der Hütte fing der Regen an und dann nachdem wir die Hütte erreicht hatten ging das Gewitter los - Glück gehabt - wären wir nicht gerannt hätte es uns voll erwischt.

Die 2. Situation erwischte uns beim Abstieg vom Sattele nach Gramais wo es sich ähnlich der 1. Situation sehr schnell zu zog und wir das Glück hatten nur den Regen abzubekommen - das Gewitter aber doch sehr knapp an uns vorbeizog!

Das ist schon ein mulmiges Gefühl den Naturkräften so ausgesetzt zu sein - da wird man sich seiner Kleinheit richtig bewusst.

Solche Situationen fördern den Respekt und schärfen die Sinne!

Was ist denn eigentlich die beste Verhaltensweise, wenn man denn doch einmal so richtig hineingerät in ein Gewitter?
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Offline kalle

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Re: Gewitter im Gebirge
« Antwort #5 am: 29. Jun 2007 - 16:44 Uhr »
Zitat
Was ist denn eigentlich die beste Verhaltensweise, wenn man denn doch einmal so richtig hineingerät in ein Gewitter?

Bei fast allen Verhaltensregeln die ich bis jetzt dazu gelesen habe steht, dass man:

  • unbedingt vermeiden soll, den höchsten Punkt in der Umgebung darzustellen
  • sich auf den Boden hocken, die Knie anziehen und diese mit den Armen umschlingen soll (eine Spreizung der Beine unbedingt vermeiden wegen der gefährlichen Schrittspannung!)
  • alle Metallteile von seiner Ausrüstung entfernen soll (Stöcke, Regenschirm, Karabiner, etc.)
  • unbedingt freistehende Bäume meiden soll
  • sich nicht unter Felsüberhängen aufhalten soll (auch hier herrscht große Blitzgefahr!)
  • sich auch nicht auf Graten oder in der Nähe des Gipfelkreuzes aufhalten soll
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