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Gieselerwand und Hüttenkopf  (gelesen 1679 mal)

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Offline Kauk

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Gieselerwand und Hüttenkopf
« am: 08. Sep 2017 - 16:59 Uhr »
Am 27. August konnte ich nochmal einen Tag in den Bergen verbringen. Da ich die Tage zuvor in der alten Heimat war, bot sich erneut eine Tour in den Allgäuer Alpen an. Auf der Wunschliste stehen noch einige Gipfel, einige Male war ich dieses Jahr aber schon drauf und dran mich mit Gieselerwand (2020 m) und Hüttenkopf (1949 m) auseinandersetzen...aber jedes Mal kam etwas dazwischen. Jetzt wurde es endlich möglich.

Route: Oberstdorf - Oytal - Oytalhaus - Untere Lugenalpe - Obere Lugenalpe - Matung-Gern - Sattel - Westrücken - Gieselerwand - Westrücken - Sattel - SSO-Rücken - Hüttenkopf - Westrücken - Nordflanke - Obere Lugenalpe - Oytal - Oberstdorf

Ausgangspunkt der Tour ist Oberstdorf (813 m), da die meisten Parkplätze gleichviel kosten und ich die Mitnahme eines Rades empfehle, ist der letztlich gewählte Parkplatz von untergeordneter Bedeutung. Am nächsten dran sind die Parkplätze bei der Nebelhornbahn, von wo auch die Straße ins Oytal startet. Gleich zu Beginn geht es bei den Schattenbergschanzen steil aus dem Talkessel heraus, in der Folge mit sanfter Steigung auf einer Asphaltstraße mehr als fünf Kilometer bis zum Oytalhaus (1006 m). Kurz hinter der Gaststätte zweigt nach rechts der beschilderte Wanderweg zu den Lugenalpe ab. Dieser zieht mit knackiger Steilheit durch den Wald nach oben, ich persönlich empfand das schon als eher unangenehm. Etwas länger und angenehmer ist die Umgehung auf dem Alpweg. Dazu noch ein Stück weiter auf der südlichen Seite entlang des Oybachbetts und immer dem Weg folgend ebenfalls in die Waldflanke hinauf. Bald darauf vereinigen sich beide Varianten und es geht für alle auf dem Alpweg weiter, der auf ca. 1300 Meter den Wald verlässt, jetzt wird das Gelände etwas flacher und man erreicht bald die Untere Lugenalpe (1416 m). Hier endet der breite Alpweg und es geht auf einem Wanderweg an der Hütte vorbei zur bewaldeten Steilstufe, die mit Hilfe des Wegs geschickt überwunden wird. Im Anschluss über Weidegelände zur Oberen Lugenalpe (1567 m).

Die Alphütte liegt unterhalb der Felsbastion des Hüttenkopfs, östlich davon zieht der lange Gieselergrat hinab. Dazwischen befindet sich das noch nicht vollständig einsehbare Kar, genannt Matung-Gern. Man könnte direkt von der Alp in dieses Kar gelangen. Ich bin jedoch auf dem Wanderweg noch etwas weitergegangen, weil ich mir das Gelände westlich vom Hüttenkopf zum Hahnenköpfle hin anschauen wollte. Ich bin dann bei P.1631 auf Wildwechseln unterhalb des Hüttenkopfs ins Kar gequert. Das Gelände ist zwar meist grasig, jedoch ist es stark von Geröll durchsetzt. Die Wegwahl ist frei möglich, man strebt einfach immer dem Sattel zu. Ich bin einiges in einem trockenen Bachbett gestiegen. Bis zum Schlussanstieg bewegt man sich im T4-Gelände. Dieser steilt sich dann nochmal deutlich an, wirkt auf den ersten Blick gar nicht so. Unterhalb dieser kurzen Flanke befindet sich ein kleiner Kessel, von diesem bin ich in einem Linksbogen zu den östlichen Rippen, die es dann ganz passabel gestuft (um T5) in den Sattel (1906 m) geht.

Vom Sattel hat man einen schönen Ausblick nach Westen, insbesondere der Kegelkopf bildet einen tollen Blickfang. Als nächstes geht es nun auf dem Westrücken (insgesamt T3-T4) in Richtung Gieselerwand-Gipfel. Kurz nach dem Sattel stellt sich eine felsdurchsetzte Latschenstufe in den Weg, sie wird linkshaltend in einer freigeschnittenen Gasse erstaunlich einfach auf einen Felskopf umgangen. Der folgende Gratabschnitt ist von Latschen überwachsen, so dass man in die Südflanke ausweicht. Dies geht in einer steilen Wiese auf schwachen Wildwechseln ganz gut. Anschließend kann man so schnell wie möglich wieder auf den Gratrücken zurücksteigen. Aus der Ferne wirkt der sich nun aufbauende Schrofenriegel heikel bis schwierig, beim Näherkommen entpuppt sich die Begehung als denkbar unkompliziert. Eine deutliche Spur zieht in einer weiten Kehre hinauf, wobei man die Steilheit des Geländes aber nicht unterschätzen sollte. Linkerhand würde es nun zum Westgipfel gehen, die Spur quert diesen unterhalb zu einer kleinen Lücke. Auch nach der Lücke setzt sich die Spur fort und man steigt auf ihr etwas hinab zur Einschartung zwischen West- und Hauptgipfel. Aus jener Scharte flaniert man entlang von Spuren zunächst etwas felsig, später auf einem Grasrücken auf den Gipfel der Gieselerwand (2020 m). Auch von hier oben hat man tolle Ausblicke und seltene Perspektiven. Seit meinem Besuch liegt oben in einem Steinmann ein kleines Gipfelbuch. Leider blieb mir nicht genug Zeit auf dem Grasgrat weiter zur Höfats zu gehen...ein Ziel für eine Gipfelbuchkontrolle.

Auf gleichem Weg ging es dann zurück in den Sattel und von Süden auf den Hüttenkopf. Hier stellen sich leider oft störende Latschen in den Weg, man könnte einem Teil in einer großzügigen Umgehungen in der Südflanke ausweichen. Ich habe mich zunächst gratnah in Aufstiegsrichtung links auf seichten Wildwechseln durchgekämpft, mit etwas Glück traf ich damit recht direkt die Möglichkeit, auf die rechte Gratseite zu wechseln. Dazu musste ich mich kurz etwas ausgesetzt an Latschen etwas abwärts hangeln und konnte dann auf brüchigem Untergrund (um T4) zum Hüttenkopf-Gipfel (1949 m) gelangen. Dieser war allerdings von Insektenwolken umschwärmt, so dass ich mich schnell auf die Flucht nach Westen machte. Der Westrücken (T4-T5) in Richtung Hahnenkopf ist berühmt-berüchtigt für seinen Latschenbewuchs. Trotzdem wollte ich ihn einmal begehen. Eine gute Wegbeschreibung ist nicht möglich, es hängt davon ab, wieviel Leidensfähigkeit man an der Gratkante in den Latschen hat. Vom Gipfel weg sind es noch einige freie Abschitte. Danach bin ich weiter in die Südflanke ausgewichen, so wie mich die Latschengassen geleitet haben. Dadurch kam ich ins freie Grasgelände, auf dem ich einige Höhenmeter ohne Latschen zurücklegen konnte. Später als die Flanke in einen steilen Tobel übergeht, querte ich zurück zur Grathöhe und stieg dieser entlang bis kurz vor P.1801. Hier müssten einige brüchige Felstürme überklettert werden. Nach der ersten kurzen Abkletterstelle (I+) bot sich mir die Möglichkeit in der einigermaßen gestuften, steilen Nordflanke (oben T5-) zum Weidegelände abzusteigen. In den Bereichen um P.1680 querte ich durch Weidegasse und auf Kuhpfaden zurück zum Wanderweg und über die Lugenalpen hinab ins Oytal. Hier war ich ziemlich froh ein Fahrrad vorzufinden und entspannt ausradeln zu können.

Fazit: Gieselerwand und Hüttenkopf dürften zu den einsamsten Gipfeln der Allgäuer Alpen gehören. An der tollen Landschaft und den schönen Ausblicken sollte es nicht liegen. Deshalb mag es zum einen an den abschreckenden Latschen des Hüttenkopfs liegen, aber auch daran, dass der Aufstieg übers Matung-Gern bislang weniger bekannt war. Diese Variante bietet dem trittsicheren und erfahrenen Bergsteiger einen komfortablen und lohnenden Aufstieg. Ebenfalls möglich ist ein anspruchsvollerer Zustieg über Rauhenhalsalpe (kürzlich von Kristian empfohlen) oder die Höfatstobel (wie bei FT beschrieben). Wer die Möglichkeit hat, die Tour auf den Nachmittag zu legen, wird mit besserem Fotolicht an der Höfats belohnt, sie befindet sich sonst meist im Gegenlicht.
« Letzte Änderung: 08. Sep 2017 - 17:02 Uhr von Kauk »

Offline kalle

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Re: Gieselerwand und Hüttenkopf
« Antwort #1 am: 08. Sep 2017 - 19:32 Uhr »
Wieder ein astreiner Bericht mit tollen Impressionen - Danke dafür!  :bravo
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