aktuelle Verhältnisse

Kemptner Köpfle, Sechszinkenspitze, Hüttenkopf, Angererkopf  (gelesen 4458 mal)

0 User und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Offline Kauk

  • alpic.Mitglied
  • Beiträge: 1.843
Am Dienstag (23. September) herrschte nach Durchzug einer Kaltfront Kaiserwetter, wie bestellt um mir die freien Tage um die Ohren zu schlagen :-L). So ging es auf das Kemptner Köpfle (2191 m), die Sechszinkenspitze (*siehe unten), den Hüttenkopf (*) und den Angererkopf (2263 m).

Route: Mittelberg/Gasthaus Schwendle - Untere Wiesalpe - Obere Wiesalpe - Fluchtalpe - Hintere Wildenalpe - Kemptner Scharte - Kemptner Köpfle - Scharte - Südostflanke - Sechszinkenspitze - Südwestgrat - Hüttenkopf - Südgrat - Südrinne - Nordflanke - Angererkopf - Retour - Mindelheimer Hütte

Als Ausgangspunkt für die Tour bietet sich der Parkplatz (3€/Tag, 50 Cent/Stunde) am Gasthaus Schwendle (1176 m) oberhalb von Mittelberg im Kleinwalsertal an. Von hier folgt man der Straße vorbei am Bergheim Moser (auch hier Parkmöglichkeiten für 3€, allerdings ohne Automat, also schlecht bei frühem Aufbruch) und dann über die Alpstraße ins Wildental hinein. Man passiert dabei die Untere (1290 m) und Obere Wiesalpe (1298 m), an letzterer hält man sich auf dem Alpweg nach rechts weiter ins Tal. Am hinteren Talboden wartet dann noch die Fluchtalpe (1390 m), die allerdings nicht ganz erricht wird. Etwas unterhalb steht die Materialseilbahn der Fiderepasshütte, an ihr biegt der bezeichnete Wanderweg nach rechts ab. Über den Talboden geht es an die steile Karstufe heran, die auf gutem Steig, teils mit Tritthilfen und Seil gesichert zur Hinteren Wildenalpe (1777 m) überwunden wird. Die Karstufe wird in den Karten als Wilde Tobel bezeichnet, prächtig stürzt hier der Wildenbach in die Tiefe.

Von der Alpe folgt man dem Wanderweg nun flach ins hinterste Kar unter dem Elferkopf, eine eindrucksvolle, wunderschöne Landschaft! Der Weg überquert den jungen Wildenbach und führt über eine grasige Geröllhalde an die Felsen der Nordflanke unter der Kemptner Scharte heran. Die Rinne von der Scharte herab und die Nordwand des Kemptner Kopfs sind gerne steinschlägig, deshalb leitet der Steig geschickt über den etwas nach Nordwesten vorgeschobenen Rücken empor. Auf schönen, aber geröllreichen Bändern geht es nun hinauf, immer wieder sind Drahtseilsicherungen verbaut. Erst weit oben an der Kemptner Scharte (2103 m) erreicht man im fortgeschrittenen Bergjahr die Sonne, dafür umso schöner, wenn aus der frostigen Nordflanke die Sonnenstrahlen der Südseite wärmen. Nun nach links bzw. Osten auf dem etwas erdigen Steig zu den Gipfelfelsen und beliebig, es gibt diverse Spuren um den Gipfelaufbau, hinauf zum Gipfel des Kemptner Köpfles (2191 m). Dessen Name hat übrigens nichts mit der Stadt zu tun, als Herleitung dient "Kamm". Im oberen Bereich war der Weg etwas vereist und deshalb unangenehm zu gehen.

Nachdem man zurück in die Scharte gestiegen ist, macht man sich auf dem abwärts führenden Weg auf in Richtung der nahen Mindelheimer Hütte. Man quert auf ihm noch das erste große Geröllfeld und steht dann an der Grasrampe ungefähr in Fallline der Scharte zwischen Hüttenkopf und Sechszinkenspitze. In deren Südostflanke erkennt man von hier eine deutliche Rampe, die schräg nach Nordosten zur Einschartung links des Gipfelkreuzes hinaufzieht. Auf Grund des teilweise gelb anmutenden Gesteins wird diese Variante auch Gelbe Rampe genannt. Den Einstieg zur Rampe erreicht man über gut gestuftes Gras, den trennenden Felsriegel überquert man am besten oberhalb auf einfachen Bändern. Zunächst in Grasschrofen weiterqueren, bis man die Schuttrinne etwas ausgesetzt zu den Felsen hin queren kann. Sieht schwieriger aus als es ist (I), absolut Trittsicher muss der Aspirant dennoch sein. Insgesamt gilt: Cave Wanderweg,  Steinschlag landet unweigerlich dort, ob jemand entlanggeht kann man meist sehr spät erkennen! Kurz weiter in der bröseligen Rinne, dann sobald wie möglich nach rechts in die festeren Felsen ausweichen. Oberhalb schnürt sich das Gelände nochmals zusammen, es folgt eine Graspassage an der Felswand. So komfortabel wie gedacht ist dies aber nicht, unter dem Gras sind viele lose Steine. Am Ende der schrofigen Passage steht man unter einem schmalen Felsloch: Entweder hindurch oder kurz hinausqueren und in Grasschrofen umgehen (sollte die I+-Stelle des AVF Seibert 2008 sein). Ich entschied mich für die Durchsteigung, ist erstaunlicherweise auch mit Rucksack gut möglich. Mit guten, festen Tritten hinein ins Loch (I-II), dann auf einem kleinen Zwischenabsatz nach rechts überaus brüchig hinaus auf den Grat (II). Dummerweise brach mir beim Ausstieg ein Tritt und ich landete auf den Füßen den mannshohen Absatz tiefer. Glücklicherweise passierte nicht viel außer einer zerschundenen Hand, leider realisierte ich erst jetzt die enorme Brüchigkeit des Felses. Trotzdem ging es vorsichtig die Wand hoch, die schützende Lochwand im Rücken, Klettern in der freien Flanke wäre in dem Moment nicht drin gewesen. Oben ein schöner Absatz, genau richtig um die Wunden zu lecken und kurz durchzuatmen. Nun in netter Kraxelei zur kleinen Scharte und in Kürze auf den Gipfel der Sechszinkenspitze mit kleinem Kreuz und Buch aus dem Jahr 1970.

Als nächstes folgt der Übergang am Südwestgrat hinüber zum Hüttenkopf (bzw. Mindelheimer Köpfle). Zurück in die kleine Einschartung, dann auf den nächsten Kopf (I), nochmals kurz hinab zu einem kleinen Block, der von der Nordseite her etwas ausgesetzt (bei mir auch unangenehm schneebedeckt) erklettert wird (I+). Vom folgenden Felskopf auf bröseligen Tritten abwärts zu einer ausgesetzten Gratverengung. Sie ist genauso brüchig wie der Rest des Berges, hier brauch mir der zweite Tritt des Tages, jedoch völlig ohne Folgen. Das anstehende Wändchen wird direkt erklettert (II), oben am Graskopf dann über überraschend steiles Gras-Schutt-Gelände hinab in die nächste Scharte. Durch eine unschwierige Rinne (I) erreicht man die Grasbänder, auf denen man den Felskopf in die Scharte vor dem Hüttenkopf umgeht. Auch eine Überkletterung wäre wohl ohne größere Schwierigkeiten möglich, allerdings wartet dann noch eine Steinbrücke, aber bei dem Bruch...

Aus der Scharte gilt es auf einem recht breiten Felsband in die Südflanke zu queren. Da darüber ein etwas überhänger Fels ist, wird das ganze mit Rucksack doch etwas abdrängend. Auf Grund der wenig ausgeprägten Tritte und Griffe ist die Passage nicht ganz ohne (II). Anschließend steigt man in der mit Grasbändern gut gestuften, aber ordentlich steilen Flanke (I) beliebig zum schmucklosen Hüttenkopf-Gipfel (im Zweifel lieber noch etwas nach Südwesten rausqueren).

Vom Gipfel könnte man die Grattour noch bis zum Angererkopf fortsetzen, im oberen Teil warten aber noch einige brüchige Felszacken, die bei mir keine Lust auf Mehr aufkommen ließen. Also über den Südgrat, den Normalweg hinab zur Hütte. Hier sind verschiedene Varianten möglich. Das Gelände ist zwar steil, aber meist sind gute Trittstufen zu finden. Ich bin zunächst die rechte Rippe hinab, um dann in die Rinne zu queren und später nach Westen Richtung Angererkopf zum Wanderweg abzusteigen.

Dem Wanderweg folgt man nun mit ein wenig Auf und Ab, bis der wuchtige Felskörper des Angererkopfs gequert ist. Direkt im Anschluss sieht man die schmale Südrinne etwas versteckt bis zu einer grasigen Scharte emporziehen. Über gut gestuftes, moderat geneigtes Gras geht es hinauf zur Verengung, in Fels und Geröll, meist am linken/westlichen Rinnenrand ohne wirkliche Schwierigkeiten aufwärts zur grasig-schotterigen Schlusspassage. In der kleinen Einschartung dann links auf abwärtsgerichteten Platten um den Felsaufschwung herum (I+), etwas ausgesetzt und wenig Trittmöglichkeiten. Nun auf einem guten Band in der Nordflanke gegen den Gipfel, über eine Geröllrippe zum obersten Westgrat und in Kürze zum Angererkopf-Gipfel (2263 m) mit Kreuz und Buch. Abstieg über den Aufstiegsweg und am Wanderweg zur Mindelheimer Hütte (2013 m).

Fazit: Stille Gipfel an einem mit Sicherheit als überlaufen zu bezeichnenden Flecken der Allgäuer Alpen. Lohnend ist natürlich für sich allein die grandiose Landschaft, da können auch hunderte Menschen nichts dran ändern. Wäre das Gestein an Sechszinkenspitze und Hüttenkopf nicht so brüchig, wäre der Gratübergang als überaus lohnend zu bezeichnen. So wird es für mich wohl ein einmaliges Erlebnis bleiben. Auf der Sechszinkenspitze habe ich den 7. Eintrag dieses Jahr gesetzt. Am Angererkopf ist etwas mehr Betrieb, bedingt durch die Kletterrouten in der Südseite, doch Tage mit mehreren Besuchern sind auch hier selten. Ein Besuch hier oder der Hüttenkopf über den Normalweg lohnt definitiv. Selbstverständlich sind für die ganzen Gipfel perfekte Trittsicherheit und Schwindelfreiheit nötig. Infos zu den aktuellen Verhältnissen hab ich im entsprechenden Thread gepostet.

* Anmerkungen zu Höhenangaben von Sechszinkenspitze und Hüttenkopf:
Im alten Alpenvereinsführer Allgäuer Alpen (1985) wird die Sechszinkenspitze mit 2180 Metern angegeben, der Hüttenkopf mit 2191 Metern. Der Kletterführer der Mindelheimer Hütte (Schafnitzel, Baur, 2008) dreht das ganze: Sechzinkenspitze (2190 m) und Hüttenkopf (2180 m). Vermutlich in Anlehung an die Höhenlinen der offiziellen Kartenwerke (Bayern und Österreich) korrigiert Seibert im AVF (2008 m) die Höhen nach oben: Sechszinkenspitze (2213 m) und Hüttenkopf (2208 m). Jedoch ist der definitive Eindruck von beiden Gipfeln, dass der Hüttenkopf höher ist als die Sechszinkenspitze, möglicherweise in dem von Seibert gesetzten Verhältnis, ob da 10 Meter Unterschied zwischen den Gipfeln sind vermag ich nicht zu beurteilen.

Anbei noch einige Impressionen des Tages.
  • hilfreich

Offline Kauk

  • alpic.Mitglied
  • Beiträge: 1.843
Re:Kemptner Köpfle, Sechszinkenspitze, Hüttenkopf, Angererkopf
« Antwort #1 am: 25. Sep 2014 - 23:42 Uhr »
Impressionen II.
  • hilfreich

Offline Kauk

  • alpic.Mitglied
  • Beiträge: 1.843
Re:Kemptner Köpfle, Sechszinkenspitze, Hüttenkopf, Angererkopf
« Antwort #2 am: 25. Sep 2014 - 23:44 Uhr »
Impressionen III.
  • hilfreich

Offline Kauk

  • alpic.Mitglied
  • Beiträge: 1.843
Re:Kemptner Köpfle, Sechszinkenspitze, Hüttenkopf, Angererkopf
« Antwort #3 am: 25. Sep 2014 - 23:45 Uhr »
Impressionen IV.

Offline horst

  • alpic.Mitglied
  • Beiträge: 1.150
Re:Kemptner Köpfle, Sechszinkenspitze, Hüttenkopf, Angererkopf
« Antwort #4 am: 26. Sep 2014 - 12:31 Uhr »
Hallo Kauk, tolle Touren machst du :-L). Und deine Schilderung und deine Bilder sind ein Genuss. Kleine Probleme bei dem Gestein muss man wohl in Kauf nehmen. Zudem werden diese Routen teilweise kaum begangen und sind nicht "abgeklettert".
Danke für diese schönen Berichte und Bilder. Angerer Kopf Südrinne ist auch eine Option für mich-vielleicht komme ich heuer noch hin. :)

LG, horst
  • hilfreich