Für den Samstag (19. September) versprach der Wetterbericht einen
brauchbaren Übergangstag zwischen zwei Kaltfronten, somit musste vor einer kleinen Familienfeier auf der Musauer Alm eine anständige Bergtour rausspringen! Und was liegt dann näher, als den bislang von mir ignorierten Ostgrat der
Großen Schlicke (2059 m) in Augenschein zu nehmen und dabei noch den
Bugschrofen (1974 m) und den
Karretschrofen (2036 m) zu überschreiten.
Route: Hüttenparkplatz Raintaler Hütten - Musauer Alm - Fahrweg - Ostrücken - Plattjochkreuz - Nordrücken - Bugschrofen - Westrücken - Ostgrat - Karretschrofen - Westgrat - Ostgrat - Große Schlicke - Südflanke - Füssener Hütte - Musauer Alm / Nächster Tag: Fahrweg - Westrücken - Musauer Berg - Retour über Fahrweg zum Parkplatz
Ausgangspunkt der Tour ist der kostenlose
Hüttenparkplatz (ca. 850 m) für die Hütten im Raintal, er liegt im Wald hinter dem
Gasthaus Bärenfalle zwischen Roßschläg (Musau) und Wiesbichl. In der Folge geht es auf dem Versorgungsweg ins Raintal. Eigentlich wird die Überschreitung des Ostgrats an der
Achsel gestartet, welche sich von genanntem Alpweg oder direkt von Musau erreichen lässt. Da die vorangegangenen Tage aber regenreich waren, entschied ich mich für die sicherere, abgespeckte Variante, um unnötiges Risiko am weglosen Ostgrat zu vermeiden. So blieb ich auf dem Fahrweg bis kurz vor die
Musauer Alm (1290 m). Hier zweigt ein Forstweg nach rechts ab, ein Schild
Sackgasse weist zuverlässig auf die richtige Wegwahl hin und hält uneingeweihte Wanderer fern
. Der Hatsch über langweilige Fahrwege setzt sich dann bis zum Wendeplatz am Ostgrat fort. Zwischendurch könnte man am Kulminationspunkt des Fahrwegs einem markierten, nicht verzeichneten Weg nach links in die steile, bewaldete Südflanke folgen (Hätte sich der Autor darüber
hier im Forum informiert, er wäre diesen Steig gegangen
Sorry Kalle, dass ich deinen Hinweisen nicht gefolgt bin, bei der Tourenvorbereitung hab ich immer nur Berichte im Netz gelesen, die die gesamte Überschreitung hergeben und dabei die Recherche im Heimatforum vergessen
unverzeihlich
). Vom kleinen Sattel vor dem Musauer Berg (den ich erstmal rechts liegen ließ, da ich noch mit einer Rückkehr rechnete), geht es weglos über den zunächst breiten, sich dann aber auch zusammenschnürenden und steilen Ostgrat weglos empor nach Westen. Die Routenwahl ist nicht ganz einfach, in der Nähe der Grathöhe liegen teilweise unangenehme Bäume, deren Überwindung bei Nässe im Steilgelände nicht unproblematisch ist. Es ist wahrscheinlich angenehmer, eher etwas weiter in die Südflanke auszuweichen und sich dann wenn das Gelände sich etwas zurücklegt wieder zum Grat zu orientieren. Für den Weiterweg hält man sich am besten immer in der Nähe der Gratkante. Das Gelände ist recht gut gestuft, bei Nässe jedoch mit Wurzeln etc. nicht zu unterschätzen, an der Gratkante gibt es immer wieder spannende Tiefblicke. Auf ca. 1700 Meter stieß ich dann (wie erwartet, da bei Hikr erwähnt) auf den markierten Steig, der hier oben sehr ausgeprägt zum
Plattjochkreuz (1855 m) führt. Das Kreuz mit Buch aus dem Jahr 2008 ist schön, hat seit diesem Jahr eine neue Spitze mit Blitzableiter, da der Blitz eingeschlagen hatte.
Anschließend geht weiter nach Westen, es gilt einige Wannen zu überwinden, das geht am Besten an der Grathöhe, kurz durch eine Latschengasse und weiter in der schönen Mulde unter dem Plattjoch-Gipfel (1895 m). An der linken Begrenzung leitet eine gute Spur am Fuß der Felsen auf die Grathöhe zurück. Dort oben schließt man dann im weiteren Verlauf Bekanntschaft mit dem überaus brüchigen Gestein. Es geht an einen Gratturm heran, der von Weitem eher abweisend aussieht. Man kann ihn auf der Südseite wohl umgehen. Ich bin direkt aufgestiegen, sehr brüchig und steil, den Aufschwung ganz oben umgeht man mit einem kurzen Schwenk nach rechts. Oben geht es dann wieder einfacher weiter, die Route wird von den Durchlässen in den Latschen vorgegeben. Zum Schluss hangelt man sich etwas durch Latschen auf den Kopf über der Scharte vor dem Bugschrofen. Nun kurz nach Süden durch die Latschen zur erkennbaren freien Fläche und der schmalen Spur an deren Ende folgend, bis man auf schwach ausgeprägten Spurbändern zurück zum Grat queren kann. Der Weg in die Scharte wird immer wieder von Latschen unterbrochen, man umgeht sie in der Westflanke. Hinter der Scharte beginnt der schwierigste Teil der Tour, der
Nordgrat zum Bugschrofen. Zunächst noch einfach geht es sich an der Grathöhe orientierend aufwärts, an den brüchigen Aufschwüngen mal rechts oder mal links vorbei, Trittspuren helfen dabei. Unter dem finalen Gipfelaufschwung bin ich nach links hinausgequert, um die zum Gipfel ziehende Grasmulde zu erreichen. Diese Querung ist die Schlüsselstelle (I+), ganz nett ausgesetzt und das Gestein eben nicht zuverlässig. Anschließend noch durch die Latschengasse und man kann die etwas weniger steile Grasmulde Richtung Grathöhe aufsteigen. In Kürze ist dann der
Bugschrofen (1974 m) erreicht, den ein Steinmann ziert. Seit diesem Sommer ist ein Gipfelbuch oben, die Dose in dem es liegt ist jedoch schon kaputt. Ich hatte glücklicherweise ausreichend Verpackungsmaterial dabei um das Buch (Din A6) etwas besser zu schützen, falls jemand aber noch vor dem Winter hochgeht könnte sie/er noch was mit zum Reinlegen mitnehmen.
Vom Bugschrofen steigt man am besten etwas nach Süden ab (und ignoriert die Gratkante Richtung Karretschrofen), bis man eine diesen Sommer ausgeholzte Latschengasse findet. Diese leitet bequem in die Scharte hinab und noch weiter bis vor die turmartigen Aufschwünge im
Ostgrat des Karretschrofens. Nach links queren Pfadspuren eine Geröllfläche. Wie es dann mit der Latschengasse weitergeht ist nicht ersichtlich. Erst knapp unter dem Gipfel sah ich eine heraufziehende, ausgeholzte Latschengasse, wäre mal interessant die in umgekehrter Runde zu gehen. Jedenfalls kam ich nicht weiter bzw. fand schnell heikles Steilgelände vor. Es ist wohl am besten, man orientiert sich sobald und einfach wie möglich zur Grathöhe zurück, folgt ihr und hangelt sich zum Schluss durch Latschen auf den breiten Ostgrat. Diesen geht es dann durch meist passabel gangbaren Latschenbewuchs streng hinauf, an der Grathöhe lässt es sich zumeist besser gehen bzw. es finden sich ganz kurz latschenfreie Flächen. Obwohl der Abschnitt nicht lang ist, kostet er nach der bereits zurückgelegten Tour Kraft. Am Gipfel des
Karretschrofens (2036 m) wartet ein windschiefes Kreuzchen.
Der Übergang zur Großen Schlicke direkt am Grat ist kurzweilig, an zwei kurzen Stellen wird es etwas schmaler und etwas ausgesetzter (I). Den Latschen nach der Scharte weicht man rechts, also westseitig aus, der Grat zum Gipfel ist direkt an der Kante gut gangbar und anspruchsvolles Gehgelände. Auf der
Großen Schlicke (2059 m) warten dann die Menschenmassen, die vornehmlich mit Bergbahnunterstützung ihren Weg hinauf finden. Abgestiegen wird auf der Südseite, der Wanderweg ist oben raus deutlich ausgelatscht und bei Nässe schmierig, man folgt der Beschilderung Richtung Füssener Hütte. Will man nicht zu ihr, nimmt man an der zweiten Weggabelung den Direktabstieg zur Musauer Alm. Von der
Füssener Hütte (1540 m) über den Fahrweg vorbei an der Otto-Mayr-Hütte zur
Musauer Alm (1290 m). Hier gibts ein nettes, junges Trio, das die Hütte sehr aufmerksam umtreibt. Das Essen ist lecker, es gibt selbstgemachte Käseprodukte, die Übernachtungsräume sind nicht besser oder schlechter als auf anderen Berghütten. Der kleine Waschraum hat fließend Warmwasser.
In der Nacht hatte es begonnen zu regnen, es trommelte die ganze Nacht recht kräftig auf das Dach. Auch am Sonntag Morgen fiel das Nass noch vom Himmel. Deshalb ging es nur ganz zügig nachmal über den Fahrweg hinauf und über den kurzen Westrücken meist auf deutlichem Wildwechsel auf den Gipfel des
Musauer Bergs (1510 m) und dann wieder auf bekanntem Weg zurück zum Parkplatz.
Fazit: Schöne Grattour, im bewaldeten Bereich etwas Fleißarbeit. Oben dann tolle Ausblicke ins Vorland und auf die beeindruckenden Nordflanken der Tannheimer Hauptgipfel. Die Runde an sich ist recht lang und anspruchsvoll (am Ostgrat oft T4, der Aufstieg über den Nordgrat zum Bugschrofen anspruchsvoller, subjektiv irgendwo zwischen T4+ und T5-), an den interessanten Stellen ist das Gestein meist unzuverlässig, was die Freude daran wesentlich mindert, den Gesamtgenuss jedoch nicht schmälert. Die Hirschbrunft ist im Raintal in vollem Gange, es röhrt aus beiden Talseiten.