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Lawinenverbauungen  (gelesen 1821 mal)

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Offline Richard

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Lawinenverbauungen
« am: 12. Aug 2018 - 17:32 Uhr »
Kunst am Berg oder notwendiges Übel? Dauerbaustelle am Hönig.
« Letzte Änderung: 12. Aug 2018 - 18:20 Uhr von Richard »
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Offline kalle

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Re: Lawinenverbauungen
« Antwort #1 am: 12. Aug 2018 - 19:22 Uhr »
Die Lawinenverbauungen sind vielleicht nicht schön anzusehen, aber absolut notwendig - auch in Berwang

Ein Blick in die Geschichte des Ortes Berwang:
1816,
1844 und
1968
« Letzte Änderung: 12. Aug 2018 - 19:23 Uhr von kalle »
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Offline Richard

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Re: Lawinenverbauungen
« Antwort #2 am: 13. Aug 2018 - 02:30 Uhr »
Vielen Dank für die schnelle Antwort und die Unterlegung mit Jahreszahlen. Ich möchte mit meinem Beitrag nicht unterstellen, dass die Verbauungen nicht notwendig sind. Allerdings breiten sich viele Gemeinden immer weiter auch in gefährdete Gebiete aus und fordern damit Schutzmaßnahmen. Ein Beispiel ist Höfen bei Reutte, wo die Gefährdung ein drohender Bergsturz ist und Überwachungsmaßnahmen erforderlich sind. Bei Berwang muss man deinen historischen Belegen nach das anders sehen. Anderseits kann man den Verbauungen eine gewisse Ästethik nicht absprechen. Neben Schutz des Dorfes wird vielleicht unbeabsichtigt auch eine Tourenabfahrt erschlossen.
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Offline Andi

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Re: Lawinenverbauungen
« Antwort #3 am: 13. Aug 2018 - 06:40 Uhr »
Ich bin der vielleicht unangenehmen Meinung, dass der Mensch einfach in gewissen Gebieten nicht bauen sollte und einfach die Gewalten der Natur respektieren sollte, so wie sie sind.
Das betrifft nicht nur Lawinengebiete, sondern auch natürliche Überschwemmungsgebiete, Tsunamigebiete etc.
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Offline Richard

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Re: Lawinenverbauungen
« Antwort #4 am: 13. Aug 2018 - 12:32 Uhr »
Ich bin der vielleicht unangenehmen Meinung, dass der Mensch einfach in gewissen Gebieten nicht bauen sollte und einfach die Gewalten der Natur respektieren sollte, so wie sie sind.
Das betrifft nicht nur Lawinengebiete, sondern auch natürliche Überschwemmungsgebiete, Tsunamigebiete etc.

Deine Meinung ist mir nicht unangenehm, im Gegenteil - ich vertrete sie in vielen Bereichen auch. Ich wollte das indirekt auch mit meinem Beispiel "Höfen bei Reutte" ausdrücken: man muss nicht alles machen, was geht, und wenn man wider die Natur baut, sollte man sich über die Konsequenzen bewusst sein und wenn diese eintreten, nicht gleich nach dem Staat rufen. Aber dennoch - ich weiß, ich widerspreche mir - hat mich die Ästethik dieses Bauwerks fasziniert.
« Letzte Änderung: 13. Aug 2018 - 12:38 Uhr von Richard »
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Offline kalle

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Re: Lawinenverbauungen
« Antwort #5 am: 13. Aug 2018 - 21:37 Uhr »
Da bin ich ganz eurer Meinung und inzwischen sind ja Neubauten in der roten Zone durchwegs verboten.

Für die ursprünglichen Siedlungen kann dies aber nicht gelten. Die Urhöfe im Hochmittelalter wurden meist in sicheren Gebieten errichtet. Die Seitentäler rechts des Lechs sind jedoch, wie man sich denken kann, nicht gerade damit gesegnet gewesen. Die Siedlungsplätze fielen also klein aus, wer erst später baute, war gezwungen in riskanteres Gelände auszuweichen.
Die Siedler jener Zeit wurden mit großer Wahrscheinlichkeit noch dazu von ihrem Landesherrn angewiesen, ihren Hof in vorgegebenen Bereichen zu errichten. Das ging vermutlich auch eine Weile gut, bis man sich daran machte, die Wälder für die Erzeugung von Metallen und die Befeuerung der Schmelzöfen zu schlagen. Da die jeweiligen Landesfürsten für gewöhnlich immer etwas knapp bei Kasse waren, wurden irgendwann wohl auch die Schutzwälder herangezogen und auf den Schutzstatus nicht mehr gar zu geflissentlich geachtet.

Im 16. Jahrhundert beispielsweise wird überliefert, dass gerade einmal noch drei unversehrte Wälder im ganzen Ostrachtal existierten, der Rest war für die Metallverhüttung verfeuert worden. Dabei fraß sich der Waldverbrauch sukzessive auch an den Talflanken empor. Im Almajur- und dem Alperschontal wurden die Waldflächen genauso großzügig für diesen Zweck herangezogen und noch im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit brachte man große Holzmengen aus dem Lechtal gar nach Hall in die Salinen um dort die Salzsiedepfannen zu betreiben. Bis Rieden (Ehenbichl) auf dem Lech, wurden die Stämme durch den Klausenwald zum Fernpass gebracht. Am Fernpass wurden dafür eigens fixe Holzrinnen errichtet um darin die Stämme in die Tiefe gleiten zu lassen und anschließend über den "Holzleithen" zu bringen um sie danach im Inn nach Hall zu flößen.

Die Menschen jener Zeit brauchten zudem viel Fläche um das Heu für die Wintermonate zu sichern, dabei hatte man stets auch die steilen Bergmähder gemäht. Die Leute waren arm und die Nahrungsgrundlage war die Viehzucht. Zu viele Höfe an einem Ort waren deshalb nicht möglich, was eine weitere Zersiedelung mit sich brachte. Jeder halbwegs ebene Platz knapp oberhalb der Talsohle wurde zum Bau eines Anwesens genutzt. Die Talsenke selbst gehörte nur einem, dem Lech im Lechtal, dem Grundbach im westlichen Zwischentoren oder dem Riegelbach im östlichen Teil davon. Für die Ansiedlung wurden diese Flächen erst viel später genutzt. Daraus entstand dann aber wieder das Problem der Hochwasser.

Wälder gingen aber auch aufgrund klimatischer Schwankungen zu Grunde. Beispielsweise am Beginn der kleinen Eiszeit senkte sich ja die Waldgrenze ab. Siedlungsflächen, welche also noch 2 oder 3 Generationen vorher als sicher galten, hatten ihren Schutz durch überalterte und zu wenig nachkommende Bäume verloren.

Inzwischen bzw. bis vor kurzem sind aber, wie ihr ja schon geschrieben habt, die Siedlungen immer weiter in diese riskanten Gebiete vorgedrungen und viele der Probleme wohl letztlich hausgemacht.
« Letzte Änderung: 13. Aug 2018 - 21:50 Uhr von kalle »

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