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Schänzlekopf, Schänzlespitze und Rosskopf  (gelesen 6692 mal)

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Offline Kauk

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Schänzlekopf, Schänzlespitze und Rosskopf
« am: 04. Okt 2011 - 20:44 Uhr »
Am 3. September galt es den letzten Hochsommertag des Jahres zu nutzen und so entschied ich mich dafür die Gipfel von Schänzlekopf (2070 m) und -spitze (2052 m) zu besuchen. Diese waren ja nach dem Schlechtwetterstart meiner Hintersteiner-Runde noch offen geblieben. Beim Abstieg nahm ich dann noch kurz den Rosskopf (1823 m) mit.

Route: Parkplatz Hinterstein - Haltestelle Hinterer Erzberghof - Mitterhof - Sattel zwischen Sattelkopf und Rosskopf - Sattel Im Schänzle - Schänzlekopf - Schänzlespitze - Sattel vorm Rosskopf - Rosskopf - Gleicher Weg retour zum Auto

Bei meiner Ankunft in Hinterstein gegen 7 Uhr war der letzte Parkplatz schon fast voll, also schnell das MTB aus dem Auto und startklar gemacht. Zunächst galt es die Straße Richtung Giebelhaus hinter mich zu bringen, auf dem Rad eine ungewohnte Strampelei, die sich aber durchaus lohnt, man kann je nach Kondition einige Zeit sparen (vorallem beim Rückweg). Man fährt auf der Straße bis kurz nach der Hubertuskapelle ein Weg nach links abzweigt (Beschildert als Wanderweg zum Gibelhaus). Diesem noch ein Stück nach oben folgen und im Anschluss an die Kehre einen Platz fürs Raddepot suchen. Wer trainiert ist, der kann noch deutlich weiterfahren, der Weg geht steil hinauf bis zum Mitterhof (1399 m).

Von nun an wird der Weg immer schmäler und undeutlicher und führt oberhalb des Erzbachs weiter nach hinten ins Tal. In den Kompasskarten ist der Weg als Pfadspur (schwarz gepunktet) eingezeichnet und quert dort drei Wasserläufe. Bevor man nun an den dritten Wasserlauf kommt, sollte man sich nach rechts hinauf orientieren und sich einen Weg über einen grasigen Rücken suchen. Auf einer Höhe von ungefähr 1500 Meter müsste man dann den Weg entdecken, der in der Kompass schwarz gestrichelt ist. Dieser Weg führt hinauf zum Sattel zwischen Rosskopf Sattelkopf. Zu Beginn ist es recht einfach ihm zu folgen. Er verliert sich zwischendurch aber scheinbar immer wieder, wenn möglich immer eher nach rechts entlang des Hangs orientieren, es geht aber auch weglos. In den Kompasskarten ist auch noch ein Weg direkt hoch ins Notlend eingepunktet...dieser ist aber aufgelassen und nicht mehr gepflegt. Von unten ist er eigentlich nicht auszumachen, von den Schänzlebergen kann er jedoch noch erahnt werden. Allerdings ist eine Benutzung nicht ratsam.

Im angesprochenen Sattel angelangt, folgt man dem breiten Weg oberhalb des Aufstiegswegs nach Osten um die letzten Ausläufer des Sattelkopfs herum und gelangt in ein weites, wunderschönes Kar (Im Karle). Sobald man um die Ecke kommt, kann man auch den Weiterweg bis zum Sattel zwischen Schänzlekopf und Schänzlespitze erkennen. Dieser Weg ist auch der "Notabstieg" vom Jubiläumsweg, der über den Notländesattel zum Giebelhaus führt. Die kniffligste Stelle ist die Abzweigung des Pfads in Richtung Schänzlekopf, ansonsten würde man im Notlend hinauf zum Sattel steigen. Bevor dieser Aufstieg beginnt, kommt man nochmals um eine Ecke. Hier gilt es nun nach links hinunter zu schauen und den Pfad zu erahnen. Nach kurzem Zwischenabstieg quert man unter den Nordwesthängen des Schänzlekopfs hindurch zu der Grasflanke unter dem Sattel zwischen Schänzlekopf und -spitze. In angenehmen, erdigen Serpentinen wird dann der Sattel (1913 m) erreicht. Hierher kommt man auch in kurzer Zeit vom Jubiläumsweg.

Als ersten Gipfel ging ich den Schänzlekopf an. Am besten geht man bis zur südlichen Schanze vor und schaut dann noch oben Richtung Gipfel. Links sieht man einen ausgeprägten Felskopf im Nordostgrat des Schänzlekopfs. Diesen gilt es zunächst zu erreichen. Entweder steigt man direkt über Gras und Geröll nach oben oder man quert etwas nach rechts zu einer Graszunge (die augenscheinlich am höchsten die Flanke hinaufreicht). Von deren oberen Ende müsste man eine Pfadspur schräg nach links zum Felskopf ziehen sehen. Vom Felskopf folgt man dem breiten  Grat hinauf und umgeht einen kleinen Felskopf rechts. Anschließend steht einem ein etwas größerer Felsriegel im Weg. Auf Grund von Pfadspuren könnte man geneigt sein, diesen ebenfalls rechts zu umgehen, wovon ich aber abraten würde. Die Querung unterhalb der Felsen ist zwar vermutlich recht komfortabel, endet aber in einer steilen Geröllflanke, die sicher nicht sehr angenehm zu begehen ist. Deshalb besser nach links, auch hier ist eine Spur zu erkennen. Am oberen Ende der Flanke in der man sich nun befindet ist ein kleiner Grassattel. Dieser kann das nächste Ziel sein, Pfadspuren helfen beim Orientieren. Ich habe mich so schnell wie möglich wieder hinauf zum Grat orientiert und bin in leichter Kraxelei weiter hinauf. Diese endet auf dem langezogenen Gipfelgrat, auf dem es zum weitläufigen Gipfelplateau geht. Dabei wird der höchste Punkt überschritten.

Spätestens währrend des Abstiegs sollte man nach drüben zur Schänzlespitze schauen und sich die Flanke für den Aufstieg einprägen. Im Sattel erkennt man einen Pfad, der unterhalb der Latschen quert und einen um jene herumführt. In mäßig steilem Gras neben den Latschen hinauf und später dann im steileren, gerölldurchsetzten Gelände auf beliebigem Weg hinauf zum Grasplateau und dem höchsten Punkt der Schänzlespitze.

Insgesamt auf gleichem Weg zurück zum Sattel zwischen Rosskopf und Sattelkopf. Wer nun noch möchte, sollte schnell den steilen Grasflanken hinauf zum Gipfel des Rosskopf folgen. Man wird hier oben von lohnenden Blicken auf das bereits geleistete und den Sattelkopf belohnt. Abstieg wie Aufstieg.

Fazit: Lohnende, in den Gipfelbereichen weglose und teils steile Tour im stillen Erzbachtal. Landschaftlich mit dem Jubiläumsweg ebenbürtig, dessen Ausblicke hat man aber ja dann auf den Gipfel auch. Empfehlenswert sind die Gipfeln auch, wenn man auf dem Jubiläumsweg etwas Ruhe sucht und eine Auszeit braucht. Wer sich für historische Bauwerke interessiert, kommt hier auch auf seine, für die Allgäuer Alpen ungewöhnliche Kosten.

Geschichtlicher Hintergrund
Entstanden sind die Schanz-Anlagen, also aus Erd- und Gesteinsaufwurf bestehende militärische Verteidigungsanlagen, im Zuge der Verarmung, die der 30jährige Krieg nach sich zog. Die Allgäuer Bauern konnten den Alpzins für Besitzungen im Schwarzwassertal nicht mehr bezahlen und wurden daraufhin enteignet. (Vgl. Thaddäus Steiner: Allgäuer Bergnamen. 2. Auflage. 2008. S. 177)

Jetzt noch ein paar Touren-Impressionen.
« Letzte Änderung: 04. Okt 2011 - 20:47 Uhr von Kauk »
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Offline Kauk

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Re: Schänzlekopf, Schänzlespitze und Rosskopf
« Antwort #1 am: 04. Okt 2011 - 20:46 Uhr »
Impressionen zweiter Teil.
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Offline Kauk

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Re: Schänzlekopf, diesmal mit Glasfelderkopf und Lahnerkopf
« Antwort #2 am: 31. Aug 2017 - 23:17 Uhr »
Am Vortag war ich auf Kreuzkopf und Vorderem Wilden gewesen und hatte die folgende Nacht auf dem Prinz-Luitpold-Haus (PLH) verbracht. Eigentlich wollte ich am folgenden Morgen am 25. August über den Jubiläumsweg zur Kälbelespitze, den Plan verwarf ich in der Sommerhitze jedoch bald...ich wollte nicht mit letzter Kraft den schwierigsten Gipfel in Angriff nehmen. Nach dem Glasfelderkopf (2270 m) überschritt ich dann den Schänzlekopf (2070 m) und den Lahnerkopf (2121 m).

Das Gewitter vom Vorabend hatte sich am Morgen wieder verzogen, der Himmel war blau. So ging es hinter der Hütte hinauf zur Bockkarscharte und über Pfadspuren auf den Glasfelderkopf (2270 m), den ich bereits vor einigen Jahren bestiegen hatte. Hier oben fällt mir dann der schöne Grasgrat der Lärchwand ins Auge...kurz überlege ich, ob ich diesen begehen soll. Allerdings habe ich mich darauf nicht vorbereitet, lediglich Informationen wie "gar nicht so schwer" sind in meinem Kopf...da das Gras vom Gewitter noch nass ist und mir nicht ganz klar, ob ich am Ende problemlos zum Jubiläumsweg absteigen kann, verwerfe ich diesen Plan. Im Rückblick hätte es funktioniert...bleibt eine weitere Tour, um in diese schöne Gegend zurückzukehren.

So steige ich auf dem teilweise gesicherten, gestuften und gerölligen Weg ins Bockkar hinab, quere ausgesetzt die feuchte und schmierige Lärchwand. Für trittsichere Alpinisten bei diesen Bedingungen Dank dem Seil gar kein Problem, schwächere Aspiranten dürften hier vermutlich an ihre Grenzen kommen. Beim Weiterweg auf dem Jubiläumsweg muss noch eine steinige Rinne durchquert werden, bevor man das liebliche Wiesen-Latschen-Gelände am Notländsattel (1847 m) erreicht.

Bereits seit dem der Weg aus dem Bockkar herausführt war mir der SW-Rücken/Grat des Schänzlekopfs ins Auge gefallen. Sieht grundsätzlich machbar aus und würde mir sogar noch einen neuen Aufstiegsweg bieten. Am Fuß des Rückens verlasse ich den Wanderweg und gelange durch Latschengassen zum Geröllhang, den ich oberhalb der Latschen teilweise auf guten Wildwechseln quere um zur nächsten grasigen Latschenzunge zu gelangen. Diese reicht am höchsten gegen die Felsen empor, was ich zum problemlosen aufsteigen ausnutze. Im Anschluss wird nochmal kurz Geröll gequert, um grasige Flanke zu erreichen, auf der man nun im sich stetig weiter ansteilenden Gelände aufsteigt. Die Stufung bleibt meist passabel, oft liegt aber Geröll auf den Tritten. Je höher man gelangt, desto felsiger wird der Untergrund. Zum Schluss gelangt man über gute Bandstruckturen auf den Südwestgrat, ganz zum Schluss müssen auch mal kurz die Hände an den Fels (bis hierhin T4). Zunächst wird es etwas leichter, man umgeht die brüchigsten Felsstrukturen am Grat in Aufstiegsrichtung links. Den folgenden Felsen wird in eine felsdurchsetzten Grasflanke ausgewichen, diese wirkt zunächst besser gestuft als der vorherige Aufstieg, allerdings sind sie eher abschüssig und meist völlig mit Geröll bedeckt. Zudem ist das Gelände wieder steiler (T4). Die Querung zurück zum Grat kann fast schon als heikel bezeichnet werden (kurz möglicherweise T4+). Dem brüchig-felsigen Grat folgt man nun problemlos bis zum Schänzlekopf-Gipfelkreuz mit Buch (2070 m).

Abgestiegen bin ich auf dem oben beschriebenen Normalweg zum Schänzlesattel (1913 m), um von hier die Schänzlespitze auf dem Jubiläumsweg zu umgehen. Vom nächsten Sattel (1939 m) überschreite ich den Lahnerkopf von SW nach NO. Die ist weglos und steil über einen weichen Bröselhang ohne größere Schwierigkeiten möglich, weiter oben geht es am Grasgrat weiter zu den Gipfelfelsen, die linkerhand umgangen werden. Nachdem mich unglaublich viele Fluginsekten vom höchsten Punkt des Lahnerkopfs (2121 m) vertrieben haben, genieße ich die Ruhe am Gipfelkreuz mit mehr als provisorischem Gipfelbuch. Abgestiegen bin ich dann über den Normalweg zum Schrecksee und nach Hinterstein.

Fazit: Auch wenn in der Gegend um den Jubiläumsweg und Schrecksee einiges los ist, bleibt sie landschaftlich unglaublich schön! Jeder Besuch hier oben ist immer lohnend...und wem der Rummel zu groß ist, steigt auf einen der zahlreichen Gipfel über dem Jubiläumsweg und schon ist man wohl in 99% der Fälle allein :-L).

Offline sven86

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Re: Schänzlekopf, Schänzlespitze und Rosskopf
« Antwort #3 am: 01. Sep 2017 - 21:17 Uhr »
Schöne Eindrücke!  :bravo Den Glasfelder will ich auch mal machen, dann aber von der Lechtaler Seite her mit Radanfahrt durchs Schwarzwassertal. Wird der Gipfel immer noch so fleißig durch die zahlreichen Hüttenwanderer ignoriert?

Die Lärchwand hatte ich mal bei suboptimalen Frühsommerverhältnissen in der diretissima vom Jubiweg her angetestet. An sich ganz gutes Gras (bei guten Verhältnissen denke ich auch mal brauchbar gestuft), oben raus so 35-40 Grad (Vgl. Hangneigungskarte), hier war dann bei einem Schneefeld Schicht im Schacht. Scheint das letzte Stück nochmals etwas aufzusteilen und auch eher schrofiger zu sein, mal so grob geschätzt könte sich das dann schon im T5er-Bereich abspielen. Vgl. Bilder von der Schwarzwasser-Seite her.
« Letzte Änderung: 01. Sep 2017 - 22:20 Uhr von sven86 »
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Offline Bergfex33

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Re: Schänzlekopf, Schänzlespitze und Rosskopf
« Antwort #4 am: 01. Sep 2017 - 22:29 Uhr »
Super Tour Kauk, vielen Dank für den guten Bericht :-L)
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Offline Kauk

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Re: Schänzlekopf, Schänzlespitze und Rosskopf
« Antwort #5 am: 04. Sep 2017 - 10:52 Uhr »
Danke euch beiden!

Schöne Eindrücke!  :bravo Den Glasfelder will ich auch mal machen, dann aber von der Lechtaler Seite her mit Radanfahrt durchs Schwarzwassertal. Wird der Gipfel immer noch so fleißig durch die zahlreichen Hüttenwanderer ignoriert?

Die Lärchwand hatte ich mal bei suboptimalen Frühsommerverhältnissen in der diretissima vom Jubiweg her angetestet. An sich ganz gutes Gras (bei guten Verhältnissen denke ich auch mal brauchbar gestuft), oben raus so 35-40 Grad (Vgl. Hangneigungskarte), hier war dann bei einem Schneefeld Schicht im Schacht. Scheint das letzte Stück nochmals etwas aufzusteilen und auch eher schrofiger zu sein, mal so grob geschätzt könte sich das dann schon im T5er-Bereich abspielen. Vgl. Bilder von der Schwarzwasser-Seite her.
Die Spuren von der Bockkarscharte hoch sind schon sehr gut, eigentlich wegähnlich ausgeprägt...trotzdem vermute ich, dass ein Großteil der Wanderer den Gipfel "links" liegen lässt. An meinem Morgen waren vielleicht 10 Partien unterwegs, außer mir war niemand hochgegangen.

Der von dir skizzierte Weg ist mir von unten auch aufgefallen. Schien mir dann aber im oberen Bereich möglicherweise ein bisschen anspruchsvoller, als der "Normalweg" von der Scharte zwischen Sattelkopf und Lärchwand. Insgesamt dürfte der "Gipfelkopf" die Schlüsselstelle darstellen, T5 wird schon nicht verkehrt sein.

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