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Überschreitung des Egger Muttekopfes  (gelesen 5145 mal)

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Offline Chris

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Überschreitung des Egger Muttekopfes
« am: 06. Jul 2015 - 13:03 Uhr »
Vorgestern haben die männliche Hälfte der Grenzgänger und ich von Fallerschein aus den Egger Muttekopf überschritten. Die Tour ist landschaftlich sehr schön. Im Moment blühen dort oben unzählige Blumen. Auch die Aussicht vom Gipfel war super. Allerdings habe ich konditionell nicht meinen besten Tag erwischt. Und auch der Weg an sich ließ an vielen Stellen zu wünschen übrig. Gerade im Bereich des Anhalter Höhenweges kann von einem "Weg" keine Rede mehr sein. Dieser ist über weite Strecken nicht mehr markiert oder völlig zerstört. Scheinbar wird er gar nicht mehr begangen, was ich sehr schade finde. Trotz all der Strapazen war es eine eindrucksvolle Bergtour.

Der Egger Muttekopf ist jener Gipfel, den im Sommer unzählige Wanderer erblicken, wenn sie zum beliebten Almdorf Fallerschein wandern. Er befindet sich in den Namloser Bergen zwischen den deutlich höheren Kreuzspitzen und der Namloser Wetterspitze. Der Egger Muttekopf ist ein typischer Lechtaler Steilgrasberg, der im Sommer mit Blumen übersät ist. Da der Anhalter Höhenweg von Südosten nach Nordwesten über diesen Gipfel führt, lässt er sich überschreiten, und zwar sowohl von der Nordseite aus dem Namloser Tal als auch von Süden aus dem Bschlaber Tal.

Die Wanderung beginnt mit einem gut 30-minütigen Talweg nach Fallerschein. Unterwegs bietet sich bereits an einigen Stellen ein schöner Blick zum Egger Muttekopf. Rechts von Michls Fallerscheinstube zweigt der Pfad ins Leitental ab. Er führt an der orographisch rechten Seite des Leitenbaches in das mit Stauden üppig bewachsene Tal hinein. An manchen Stellen ist der Weg zugewachsen und nur schwierig zu finden. Wer hier mit kurzen Hosen unterwegs ist, ist nicht zu beneiden. Nachdem die Bachseite gewechselt wurde, windet sich der Pfad an der Ostflanke der Kreuzspitzen oberhalb des Talgrundes empor. Hier ist bis in den Sommer hinein mit Schneefeldern zu rechnen, die überquert werden müssen. Nach einem recht steilen Wegstück gelangt man ins Beilekar. Von dort aus kann man genau im Süden einen Durchschlupf zwischen zwei Felswänden erkennen. Hier führt der Weg durch. Um dorthin zu kommen, leitet der Pfad erneut recht steil einen Grashang hinauf. Noch steiler ist allerdings der felsige Durchschlupf. Auch hier muss man wieder mit Schnee rechnen. Ist er getaut, dominiert hier das Geröll. Sehr direkt und dementsprechend mühsam geht es empor. Hat man diese Passage hinter sich, ist es nicht mehr weit bis zur Bortigscharte. Dort öffnet sich der Blick nach Süden über einen Großteil der Lechtaler Alpen und hinunter ins Bschlaber Tal. Um den Gipfel des Egger Muttekopfes zu erreichen, hält man sich nun links und folgt dem Anhalter Höhenweg. Zunächst werden einige Vorgipfel überstiegen. Der Grasgrat ist hier teilweise äußerst schmal und steil, und an zwei Stellen helfen Eisenketten, an denen man sich festhalten kann. Hat man die Vorgipfel hinter sich, folgt ein kurzer Abstieg in eine Scharte mit dem wenig einfallsreichen Namen d’ Scharte. Nun hat man den breiten, grasigen Gipfelhang des Egger Muttekopfes vor sich. Er fordert noch einmal eine gute halbe Stunde schweißtreibenden Aufstieg, ehe man den leider kreuzlosen Gipfel erreicht. Die Aussicht reicht von hier oben über die Ammergauer Alpen, das Wettersteingebirge, Teile der Stubaier Alpen, beinahe über die kompletten Lechtaler Alpen bis zum Lechquellengebirge und zu den Allgäuer Alpen. Außerdem bieten sich sehr schöne Nahblicke zu den Kreuzspitzen und zur Namloser Wetterspitze. Der Abstieg führt nun über den zunächst recht angenehm zu begehenden, dann aber äußerst steilen Südostgrat. Das Unangenehmste an der Sache ist, dass gerade da, wo es am steilsten wird, der Weg nur noch aus Trittspuren besteht oder gar nicht mehr existiert. Ebenso gibt es hier keine Markierungen. Und so ist es eher ein Querfeldeinlaufen, ehe man zu einem Sattel gelangt, der wieder einen sehr einfallslosen Namen trägt, nämlich Sattel. Im Folgenden sollte der Anhalter Höhenweg eigentlich die felsige Nordflanke des Ortkopfes umgehen. Allerdings ist der Zustand des "Weges" katastrophal. An mehreren Bachläufen, die überquert werden müssen, ist der Pfad weggebrochen. Also hilft hier nur eins: der weglose Direktabstieg zum von oben sichtbaren Pfad im Sommerbergbachtal. Mal durch hohes Gras, mal über Geröll, dann durch Bachläufe geht es steil hinab. Wenn man das Sommerbergbachtal erreicht hat, kann man erst einmal durchschnaufen, denn nun hat man die größten Schwierigkeiten hinter sich. Beim Rückblick zum Sattel und zum Egger Muttekopf wird deutlich, wie steil das Gelände ist. Nun führt der – endlich deutliche – Weg am Sommerbergbach entlang in nördlicher Richtung problemlos nach Fallerschein. Von dort erreicht man über den vom Aufstieg bekannten Fahrweg wieder das Namloser Tal.         

Anfahrt und Ausgangspunkt: Abzweig nach Fallerschein im Namloser Tal, ca. 1170 m, zu erreichen von Stanzach über die Straße Richtung Namlos, ca. 8 km von Stanzach entfernt; beschränkte Parkmöglichkeit am Straßenrand; Bushaltestelle: Abzw. Fallerschein (Achtung, das Linientaxi verkehrt nur dreimal täglich.
Höchster Punkt: Egger Muttekopf, 2311 m.
Reine Gehzeit: Aufstieg über die Bortigscharte mindestens 3 ½ Std., Abstieg über den Sattel je nach Routenwahl ca. 3 Std., insgesamt also mindestens 6 ½ Std.
Einkehr: Michls Fallerscheinstube und Sennerstüberl, 1302 m.
Charakter: Bis Fallerschein Fahrweg, dann bestenfalls Bergpfade, teilweise steil und steinig; die Überschreitung der Vorgipfel des Egger Muttekopfes erfordert äußerste Trittsicherheit und etwas Schwindelfreiheit, zwei Stellen sind mit Eisenketten gesichert; der Abstieg ins Sommerbergbachtal ist größtenteils weglos und erfolgt durch Steilgras und Geröll, auch hier ist Trittsicherheit notwendig, ebenso ein guter Orientierungssinn; die Tour ist nur teilweise markiert; bei Nässe ist die Überschreitung des Egger Muttekopfes lebensgefährlich.
Tipps: Bis Fallerschein kann man auch mit dem Mountainbike fahren; auch bei sommerlicher Hitze sollte man auf der Tour wegen der Stauden und des hohen Grases nur lange Hosen tragen.

Bild 1: Blick vom Weg nach Fallerschein zum Egger Muttekopf.
Bild 2: Im Leitental, im Hintergrund die Mittlere und die Elmer Kreuzspitze.
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Offline Chris

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Re: Überschreitung des Egger Muttekopfes
« Antwort #1 am: 06. Jul 2015 - 13:05 Uhr »
Bild 3: Das Beilekar; am äußersten linken Bildrand erkennt man den felsigen Durchschlupf, durch den der Weg führt.
Bild 4: Über Geröll und Schnee führt der Weg steil empor in Richtung Bortigscharte.
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Offline Chris

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Re: Überschreitung des Egger Muttekopfes
« Antwort #2 am: 06. Jul 2015 - 13:06 Uhr »
Bild 5: Von der Bortigscharte geht es über mehrere Vorgipfel zum Egger Muttekopf, dessen Gipfel sich in der Bildmitte im Hintergrund befindet.
Bild 6: Auffällige Felsnadel an einem der Vorgipfel; genau dahinter erkennt man die Dremelspitze.
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Offline Chris

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Re: Überschreitung des Egger Muttekopfes
« Antwort #3 am: 06. Jul 2015 - 13:07 Uhr »
Bild 7: Gipfelblick vom Egger Muttekopf nach Süden über die Lechtaler Alpen …
Bild 8: … und nach Norden zur Knittelkarspitze. In der Tiefe ist Fallerschein zu sehen.
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Offline Chris

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Re: Überschreitung des Egger Muttekopfes
« Antwort #4 am: 06. Jul 2015 - 13:08 Uhr »
Bild 9: Rückblick vom Sattel zum Egger Muttekopf. Die wahre Steilheit ist auf dem Foto kaum auszumachen.
Bild 10: Blick aus dem Sommerbergbachtal zum Sattel. Der Anhalter Höhenweg sollte eigentlich um den links zu sehenden Ortkopf herumführen. Dieser Weg ist in einem äußerst schlechten Zustand. Wir sind direkt über den steilen Grashang weglos ins Tal abgestiegen.     
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Offline Bergfex33

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Re: Überschreitung des Egger Muttekopfes
« Antwort #5 am: 06. Jul 2015 - 23:57 Uhr »
Hallo Chris

Feine Tour, bis auf den Weg natürlich.
Bin vor 4 Jahren den gleichen Weg gegangen.
Der Weg der unterhalb des Ortkopf durch führt ist eine Katastophe. Zum Teil weg geschwemmt und abgerutscht.
Als ich damals da entlang bin hab ich mich fürchterlich erschrocken, denn da lag da plötzlich einer in den Rinnen.
Ich stand erst mal da und hab mal tief durch geschnauft und erst mal überlegt ist er tot oder noch lebendig, da hat er doch ein Auge aufgetan und mich böse angekuckt. Ich hatte ihn wohl in seinem Mittagschläfchen gestört.
Bis unter den Bortig gings dann so, weiter im Gras, aber dann wars wie ich schon geschrieben habe nur noch Gestrüpp.
Unten angekommen sah ich aus wie gefoltert. Naja ich fühlte mich auch so.
Lange Hosen sind manchmal von Vorteil ;)

« Letzte Änderung: 07. Jul 2015 - 09:30 Uhr von Bergfex33 »
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Offline Richard

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Re: Überschreitung des Egger Muttekopfes
« Antwort #6 am: 07. Jul 2015 - 16:03 Uhr »
Ich habe die Tour in den letzten vier Jahren zweimal gemacht; einmal über den Ostgrat der Mittleren Kreuzspitze und zurück über die Bortigscharte und ein anderes Mal über Bortigscharte, Egger Muttekopf und zurück über den Sattel nördlich des Ortkopfes. Sei mir nicht bös', aber ich fand die Tour nicht besonders schwierig und hatte keine Orientierungsprobleme. Im Frühjahr, wenn nordseitig noch etwas Schnee liegt, empfiehlt es sich, direkt zum Muttekopf unter Umgehen der versicherten Stellen anzusteigen. Zugegeben, der Weg vom Sattel hinunter zum Weg, der von der Wetterspitze kommt, ist etwas rau - d.h. Lechtal adequat. Die Blumenvielfalt ist, wie du schreibst, phänomenal und kann mit der Jöchlspitz konkurrieren.

Anbei einige Fotos von 2012.
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Offline Chris

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Re: Überschreitung des Egger Muttekopfes
« Antwort #7 am: 07. Jul 2015 - 16:21 Uhr »
Dass der Weg unterhalb des Ortkopfes nun schon - wie Bergfex schreibt - seit mindestens vier Jahren in so schlechtem Zustand ist, finde ich unter aller Sau. Ich werde mal eine Mail an die zuständige Alpenvereinssektion schreiben, um eine Instandsetzung des Weges anzuregen. Es wäre doch schade, wenn der Anhalter Höhenweg verkommt. Das hat nichts mit Lechtaler Verhältnissen zu tun, Richard, ein so mieser Wegzustand gehört sich nicht.
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Offline Altschnee

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Re: Überschreitung des Egger Muttekopfes
« Antwort #8 am: 13. Jul 2015 - 15:02 Uhr »
Mit dem Wegzustand ist das so eine Sache.  Dieser Muttekopf und seine Umgebung hat wirklich wunderschöne Vegetation.  Wenn nun wenig Leute dort hergehen, wächst der Weg schnell zu, man sieht die Tritte nicht mehr und es gehen anschließend noch weniger dort her -- der Kreis schließt sich.  Voriges Jahr war ich dort.  Den rutschigen Aufstieg von Bschlabs/Egg zur Bortigscharte habe ich dabei unangenehmer in Erinnerung als die Muttekopf-Überschreitung.
Mit einer einmaligen Wegerneuerung ist es auch nicht getan.  Im Bereich der Ortkopf-Tobel wird man dann wahrscheinlich ständig wieder ausbessern müssen;  dort kommt halt im Winter/Frühjahr einiges heruntergesaust und auch im Juli muss man da mit Schneefeldern rechnen;  Steigeisen sollte man vorsichtshalber dabei haben.  Man konnte die Tobel durch leichtes Absteigen vom sonst noch vorhandenen Weg aber alle drei ohne große Kraxelei queren.
Fazit:  Vielleicht regt der schöne Bericht mehr Leute an, dort her zu laufen, denn man wird für die Mühen belohnt.  Dann wird auch der Weg wieder deutlicher.  Wenn sich jemand findet, an den Tobeln zu arbeiten, um so besser.
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Offline Bergfex33

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Re: Überschreitung des Egger Muttekopfes
« Antwort #9 am: 13. Jul 2015 - 23:03 Uhr »
Ja, schön wärs.
Aber jeder der die schlechte Erfahrung gemacht hat, kommt wohl nicht wieder.
Jedenfalls nicht in kurzen Hosen ;D
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