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Darf man im Allgäu künftig noch bergsteigen?  (gelesen 3262 mal)

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Offline kalle

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Darf man im Allgäu künftig noch bergsteigen?
« am: 23. Dez 2018 - 15:49 Uhr »
https://freieberge.wordpress.com/2018/12/04/duerfen-wir-im-allgaeu-kuenftig-noch-bergsteigen/

Ein lesenswerter und brisanter Artikel auf Kristians Seite - wenn Freizeitsportler im Namen des Naturschutzes beinahe gänzlich aus den Bergen verwiesen oder 'gelenkt' werden sollen...
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Offline kalle

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Re: Darf man im Allgäu künftig noch bergsteigen?
« Antwort #1 am: 23. Dez 2018 - 16:15 Uhr »
Zu dem Punkt deiner Aufzählung:

Zitat
33 keine Veröffentlichung des Jagdsteiges in Karten, keine Markierungen (Oytal)
35 keine Veröffentlichung des Steiges in Karten, keine Markierung (Himmelsschrofen)
37 Wegemarkierung auf den Kegelkopf entfernen; keine Veröffentlichung in Karten
41 keine Veröffentlichung des Jagdsteiges in Karten, keine Markierung (Hint. Ringersgund)
53 keine Veröffentlichung des Steiges in Karten, keine Markierung (Einödsberg, Stützel)
57 keine Veröffentlichung des Steiges in Karten, keine Markierung (Einödsberg)

Das ist schlichtweg Zensur. Eine Alpenvereinskarte Karte muss  ein Qualitätsprodukt für Bergsteiger bleiben, dass den IST-Zustand völlig frei von egal wie auch immer motivierten Lenkungsgedanken, darstellt. https://freieberge.wordpress.com/2015/09/27/rettet-unsere-schwarzen-wege/

Sollte sich der DAV darauf einlassen, wäre auf Basis von Open-Topo-Map ein unabhängiges, freies Kartenwerk als Konkurrenzprodukt zu erstellen.

@Kristian

Diesen Punkt hast du ja bereits in einem früheren Artikel auf deiner Seite schon einmal angesprochen.

Im Kartenwerk OSM ist mit dem Layer 'Radfahrerkarte' eine Karte mit einer halbwegs ordentlichen Darstellung des Geländes verfügbar - natürlich ist diese Karte weit weg von perfekt.
Wäre das so etwas, wie du es dir vorstellst oder hast du eine andere Grundlage (Karte) im Sinn?


Das Thema würde mich auch interessieren und eine Verwirklichung einer solchen Karte fände ich ebenfalls sehr interessant.

EDIT: Wer lesen kann ist klar im Vorteil!  :ohmann: - hab es übersehen, du nennst ja schon die Grundlage in deinem Beitrag (https://opentopomap.org)
« Letzte Änderung: 23. Dez 2018 - 16:28 Uhr von kalle »
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Offline Andi

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Re: Darf man im Allgäu künftig noch bergsteigen?
« Antwort #2 am: 23. Dez 2018 - 19:32 Uhr »
Also ich z.B. bin ja schon ein ziemlicher "Öko": Kein Fleisch, keine Flugreisen, mache in meiner Freizeit ökologische Waldbewirtschaftung und -sanierung und fahre sogar mal mit dem Fahrrad ins Gebirge. Naturschutz, Klimaschutz, ökologische Landwirtschaft und solche Dinge sind mir sehr wichtig und wenn Politiker sich wieder mal vor diesen Grünen Themen drücken wollen und diese "kapitalfreundlich" gestalten wollen, dann gehöre ich zu den Ersten, die laut schreien. Ich schränke mich selber auch gerne ein, wenn ich es für sinnvoll erachten und empfinde persönlichen Verzicht meist als etwas Beglückendes, wenn es einem höheren Ziel dient!

ABER: Dass ich im Oytal nicht mehr auf der Straße radeln soll (ohne E-Motor), das geht selbst in meine Ökobirne nicht rein. Selbst wenn durch mich auf der Straße irgendwo ein Vogel aufgeschreckt werden sollte, dann habe ich irgendwo auch noch eine Daseinsberechtigung. Viele dieser Maßnahmen stehen für mich in keinem Verhältnis zur globalen, ökologischen Realität.

Warum finden sich in diesem 65-Punkte Plan eigentlich keine einschränkenden Worte z.B. zum Kunstschneetourismus? Ist der nicht deutlich umweltschädlicher als der Radler im Oytal?

Von den meisten dieser Verbote halte ich auch aus einem weiteren Grund nichts: Wenn man den Allgäuern die Berge verbieten will, dann werden sie in andere Gebiete ausweichen. Mit dem Auto. Ob das so ökologisch ist?
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Offline kalle

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Re: Darf man im Allgäu künftig noch bergsteigen?
« Antwort #3 am: 24. Dez 2018 - 13:58 Uhr »
Bei den Einheimischen glaub ich kaum, dass die sich irgendwas verbieten lassen - womit sie auch Recht haben...

Ich bin jetzt zwar nicht so diszipliniert wie Andi (ich esse Fleisch  ;) ) und auch nicht unbedingt als Öko anzusehen. Dennoch gibt es Dinge, die mir jetzt mit normalem Hausverstand auch einleuchten. Beispielsweise dass man nicht gerade im Winter durch jede Wildfütterung oder ein Wildschutzgebiet durchlatschen muss. Auch sehe ich ein, dass man die Natur schonend behandelt und sich am Berg ruhig verhält. Ich mag es selbst nicht, wenn manche Touris am Berg singen oder gar irgendwelche Jodelversuche absolvieren müssen - was leider immer wieder vorkommt, allerdings fast ausschließlich nur auf den üblichen Touri-Autobahnen wie etwa dem Saalfelder Höhenweg vom Neunerköpfl in Richtung Landsberger Hütte.

Wo ich allerdings etwas dagegen habe, ist:

1. wenn eine kleine Gruppe von selbsternannten Privilegierten meint, sich in feudalistischer Manier ganze Landstriche unter den Nagel reißen zu müssen und den 'Pöbel' aussperren kann

2. wenn ständig der Naturschutz in einer solchen Unverhältnismäßigkeit missbraucht wird - wo stört denn bitte ein Mountainbiker der zu der Käseralpe fährt - das Oytal ist sowieso schon komplett überlaufen, da fällt doch ein MTB-ler mehr auch nicht mehr ins Gewicht; oder aber wenn von Seite der EU die Ausbringung von Glyphosat weiterhin erlaubt wird und schon bald sämtliche Bienenarten, die meisten Insekten und Schmetterlinge verschwunden sind und man dann im Gegenzug wegen zwei, drei Birkhühnern die Berge verriegeln und verrammeln will und sie dann ja doch irgendein reich begüterter Jagdgast vom Baum knallt - weil er unbedingt so eine schöne Spielhahn-Feder auf dem Hut haben möchte

3. wenn Wege und Steige aus den Karten getilgt werden sollen - wie viele gehen denn solche 'schwarzen Wege', das sind zumeist nur ein paar Einheimische und wirklich nur vereinzelt ambitionierte Freizeitsportler - überdies sind solche häufig schon seit Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten genutzten Wege ein Teil der regionalen Kultur (Heuersteige, alte Alpsteige deren zugehörige Hütten meist schon längst verfallen sind, etc.)

Wer die Natur wirklich mag, wird von selbst darauf kommen, dass er die Waldflächen, Bergmatten und Tiere zu achten hat. Diese Reglementierungswut wird beispielsweise bei Schlachtvieh, welches über die Grenzen etwa in die Türkei gelangt, wieder gänzlich über Bord geworfen. Da schert sich keiner darum, dass die Tiere vernünftig behandelt werden.

Mir ist da einfach viel zu viel Scheinheiligkeit im Spiel...

Offline Andi

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Re: Darf man im Allgäu künftig noch bergsteigen?
« Antwort #4 am: 24. Dez 2018 - 17:29 Uhr »
Gut ausgedrückt, Kalle. Sehe ich genauso.  :-L)
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Offline Lampi

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Re: Darf man im Allgäu künftig noch bergsteigen?
« Antwort #5 am: 26. Dez 2018 - 21:58 Uhr »
Dennoch gibt es Dinge, die mir jetzt mit normalem Hausverstand auch einleuchten. Beispielsweise dass man nicht gerade im Winter durch jede Wildfütterung
Im Prinzip ja aber ...
Muss man Wildfütterungen genau da aufstellen, wo auch der Besucherdruck so hoch ist? Ich denke jetzt weniger an das Außerfern, als an meine Heimat. Sind die Wildfütterungen weg, dann kommt im Winter dort kein einziges Vieh hin. Es geht ja hier nicht um bedrohte Tierarten.
Sinkt die Akzeptanz für Sperrungen, dann auch für die, die wirklich wg. bedrohter Tierarten errichtet wurden. Zum Teil nur 200 m daneben. Und die kann man auch nicht verlagern.
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Offline Kristian

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Re: Darf man im Allgäu künftig noch bergsteigen?
« Antwort #6 am: 15. Jan 2019 - 16:54 Uhr »
Der besagte Artikel hat auf meinem Blog für jede Menge Traffic geführt. Er wurde auch über facebook mehrfach geteilt.
Die weitaus meisten Rückmeldungen waren positiv und gleichzeitig auch schockiert, dass man so etwas ernsthaft umsetzen könnte.

Bisher sind die 65 Punkte nichts weiter als der Bestandteil eines Planes, den ein im Oberallgäu wohnhafter Gebietsbetreuer eines Naturschutzgebietes, Stadtrat der Grünen und LVB-Mitarbeiter erstellt hat und ihn der Oberen Naturschutzbehörde vorgelegt hat.
In naher Zukunft wird dort entschieden, was tatsächlich umgesetzt wird. Ein ranghoher Verwaltungsangestellter äußerte sich dazu wie folgt: Wenn man das mal festgeschrieben hat, bringt man es nie wieder heraus.

Schon alleine deshalb halte ich es für extrem wichtig, die alpine Öffentlichkeit darüber zu informieren.

Zudem habe ich eine Skitour im Allgäu samt Hinweise zum 65-Punkte-Plan inkl. Schneebilder und Bilder vom Plan auf Gipfelbuch.ch veröffentlicht.

Für mich völlig unverständlich ist die Reaktion des DAV auf meine Veröffentlichung:




Zitat
Lieber Kristian,
 
wir haben Deine Eintragung auf gipfelbuch.ch gesehen, die sicher unnötigerweise für Unruhe sorgen wird.
 
Die Liste von XXXXX ist „in Arbeit“, wir (DAV, DAV-Sektionen, JDAV) treffen uns im Januar zu einem Gesprächstermin mit Vertretern der Regierung  und dem Landratsamt OA. Vorab wurde uns zugesichert, dass für die noch unklaren 65 Vorschläge die Ergebnisse des Konzeptes „Skibergsteigen umweltfreundlich“ die Basis sein werden und darüber hinaus gehende Maßnahmen nur dort zu erwarten sind, wo es aus Naturschutzsicht wirklich dringend nötig ist. Und es wird dann für alle Beteiligten (damit natürlich auch für Dich) die Möglichkeit geschaffen, das ganze vor Ort zu besprechen. Das betrifft auch die Vorschläge, die über das Thema Ski-/Schneeschuhtouren hinausgehen.

Wenig später wurde der Artikel gelöscht.

Ein Geschäftsführer einer Allgäuer Sektion hat mir geschrieben.

Zitat
.................................Glaube nicht, dass die Öffentlichkeit hier mit diskutieren muss. Für solche Themen gibt es nun auch einmal Verbände, die entsprechend Interessen vertreten. Wäre schön, wenn du das auch akzeptieren könntest. Guten Rutsch


Für mich völlig unverständlich. Warum nur fürchtet der DAV die Diskussion dazu? Warum soll die Öffentlichkeit hier nicht mit diskutieren dürfen? Hat ein Mitglied nicht das Recht darauf zu erfahren, wie und ob seine Interessen von den Verbänden vertreten werden. Wenn auch Artenschutzgründen eine Maßnahme notwendig ist, so soll darüber auch gesprochen werden. Wie dem auch sei. Diese Reaktion verstehe ich einfach nicht.


Offline Xander

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Re: Darf man im Allgäu künftig noch bergsteigen?
« Antwort #7 am: 16. Jan 2019 - 07:10 Uhr »
Wie findet man den Eintrag auf Gipfelbuch?

Danke für dein Engagament.

Der Versuch, öffentliche Diskussionen zu unterbinden entspringt meines Erachtens immer der Angst eigene Interessen nicht so vertreten zu können wie gewünscht. Status, Einfluss und Selbstbild des DAV öffentlich zu hinterfragen ist lange überfällig und wird früher oder später geschehen und voraussichtlich einen Machtverlust nach sich ziehen.
Das Internet macht IG's mächtiger, fördert demokratische Strukturen und rüttelt damit an der Macht der Verbände über Deutungshoheiten. Den mächtigen Einfluss solcher Diskussionen hat man gesehen im Zusammenhang mit dem Riedberger Horn und der Landtagswahl. Kann natürlich auch nach hinten losgehen, denn wenn die Diktatur der Mehrheit oder populismus sich durchsetzen wirds auch hässlich. Ende der morgendlichen semiprivat Philosopie ;-)

Offline kalle

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Re: Darf man im Allgäu künftig noch bergsteigen?
« Antwort #8 am: 16. Jan 2019 - 10:56 Uhr »
Der Versuch, öffentliche Diskussionen zu unterbinden entspringt meines Erachtens immer der Angst eigene Interessen nicht so vertreten zu können wie gewünscht...

Irgendwie klingt das aber auch so, als wäre der Verfasser des letzteren Schreibens und 'seine Meinung' schon 'gekauft'. So als hätte man 'intern' schon irgendwelche Zusagen gemacht und möchte nun verhindern, dass das ganze hochkocht. Man möchte die 'Angelegenheit' einfach nur still und leise über die Bühne bringen und hofft, dass niemand merkt, dass man 'auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzt'.
« Letzte Änderung: 16. Jan 2019 - 11:31 Uhr von kalle »

Offline Xander

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Re: Darf man im Allgäu künftig noch bergsteigen?
« Antwort #9 am: 16. Jan 2019 - 13:07 Uhr »
Man wird sich schon ausgetauscht haben, darin sähe ich auch nichts verwerfliches.

Blöd halt, wenn man sich z.B. darauf geeinigt hätte (wie beschrieben) die gelisteten Punkte so weit wie möglich einzudampfen (um manche Dinge kommt man einfach nicht herum, bsp. Flora-Fauna Habitat RiLi / EU Vorgaben...)  und dann die (grüne) Wählerschaft fragt wie das geschehen konnte. Oder wenn die erst durch die Diskussion darauf gebracht wird Maximalforderungen zu stellen.

Deswegen meine ich kann so etwas auch nach hinten losgehen. Denn am Ende sind einheimische Bergler die unwichtigste Interessengruppe nach Tourismusverband, DAV, Parteien mit Klientelbewusstsein, Grundbesitzern, Jägern und wer weiß ich noch alles ein Interesse am Grund und Boden hat ...
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