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alpin => Natur & Naturschutz => Thema gestartet von: horst am 18. Feb 2020 - 10:54 Uhr

Titel: Übergang Höllritzereck - Dreifahnenkopf - Grauenstein
Beitrag von: horst am 18. Feb 2020 - 10:54 Uhr
Hallo in die Runde; melde mich nach langer Zeit hier wieder und bin immer noch aktiv in den Bergen. liebe Grüße an alle altbekannten Forumsmitglieder und Moderatoren. :)  :laola:
Das Thema, das ich hier anspreche ist die (offenbar vom Jagdverband ?)durchgeführte Sperrung der Überschreitung
des Dreifahnenkopfes aus Gründen des Natur-und Wildschutzes (Birkhühner hauptsächlich). Wir waren dort im Oktober letzten Jahres und wollten vom Höllritzereck über den Dreifahnenkopf hinüber zum Grauenstein, als uns ein riesiges Schild (leider kein Bild), auf dem die entsprechenden Hinweise zum Naturschutz standen, den Weg versperrte. Ich hatte die Alpenvereinskarte dabei und habe dort aber keine Sperrzonen entdecken können, auch für diese Zeit (Oktober) nicht. Wir gingen also weiter und ließen uns von dem Schild nicht davon abhalten, den Fahnenkopf zu überqueren. Allerdings wurde uns der Weg ziemlich erschwert durch quer über den Pfad geworfene, abgesägte Bäume und Buschwerk. Nach der Tour habe ich mir eine neue Alpenvereinskarte besorgt und habe darin gelesen, dass eine Sperrung vom 01.04. bis zum 31.07. vorgesehen ist. Im Oktober, wo wir den Weg gegangen sind, müsste also die Begehung erlaubt gewesen sein und wir haben also nach diesen Angaben keinen Fehler gemacht. Es ist auch alles glatt verlaufen und es hat auch keine weiteren Folgen gehabt. Mich würde eure Meinung hierzu interessieren.Haben wir richtig gehandelt, hättet ihr auch den Weg über den Dreifahnenkopf fortgesetzt, oder hättet ihr die Tour abgebrochen ?
Liebe Grüße, horst
Titel: Re: Übergang Höllritzereck - Dreifahnenkopf - Grauenstein
Beitrag von: Kristian am 19. Feb 2020 - 17:32 Uhr
Dazu ein paar Fakten:

Der Baumgrenzbereich, wie er hier zu finden ist, ist der Lebensraum von Birkwild. Insbesondere dort, wo das Gelände stark kupiert ist, sowohl Deckung als auch Freiflächen bietet und viele Heidelbeeren wachsen.

Das Gebiet ist im Besitz der Bayerischen Staatsforsten

Das Schutzgebiet wurde angelegt um eine ungestörte Balz und die Aufzucht der Jungen zu ermöglichen.
Es handelt sich um ein „Wild-Wald-Schongebiet“ laut dem DAV Sprachgebrauch

Die Beachtung ist eine Empfehlung auf freiwilliger Basis

Von Ausnahmen (Gauchenwände, Wannenkopf-Nord) abgesehen ist die Besucherlenkung in dieser Region überwiegend konsensorientiert.

Es wurden teilweise Schneisen vom Zuwachsen freigehalten um gute Abfahrten zu ermöglichen und damit automatisch nebenstehende Gebiete zu beruhigen.
 
Das Wirrwarr der verschiedenen Schutzgebiete ist unübersichtlich. Änderungen gibt es schneller, als Karten gedruckt werden können.

Das Kartenwerk der BY Serie der AV Karten ist eine Farce. Neue Forststraßen sind oft nicht enthalten, die Kartenzeichnung  des österr. Gebietes ist unter aller Sau. Sie dienen oft nur, um die ganzen Lenkungsmaßnahmen unter die Leute zu bringen. Die Qualität bleibt auf der Strecke.
 
Im österreichischen Teil des Naturparks Nagelfluhkette zählt Birkwild zum jagdbaren Wild.

Die Erhaltung von Lebensräumen und Schaffung entsprechender Strukturen wird in diesem Gebiet praktiziert.

Ich empfehle für den Bereich Dreifahnenkopf, Riedberger Horn, Tennenmooskopf die Beachtung der freiwilligen Schongebiete!

 Ein nicht mehr ganz aktueller Link zu diesem Thema: https://freieberge.wordpress.com/2015/02/18/rauhfushuhner-gar-nicht-so-selten/
Titel: Re: Übergang Höllritzereck - Dreifahnenkopf - Grauenstein
Beitrag von: horst am 20. Feb 2020 - 20:15 Uhr
Hallo Kristian,
   vielen Dank für deine umfangreiche Antwort zu dem Thema :-L), und wie man sich verhalten soll, liegt also im Ermessen jedes einzelnen. Deine Empfehlung ist, die so gesperrten Bereiche nicht zu betreten.
Titel: Antw:Übergang Höllritzereck - Dreifahnenkopf - Grauenstein
Beitrag von: Kauk am 28. Feb 2020 - 00:19 Uhr
Hallo in die Runde; melde mich nach langer Zeit hier wieder und bin immer noch aktiv in den Bergen. liebe Grüße an alle altbekannten Forumsmitglieder und Moderatoren. :)  :laola:
[...]
Mich würde eure Meinung hierzu interessieren.Haben wir richtig gehandelt, hättet ihr auch den Weg über den Dreifahnenkopf fortgesetzt, oder hättet ihr die Tour abgebrochen ?
Liebe Grüße, horst
Hallo Horst, schön von dir zu lesen! :)

Habe auch nochmal in die AV-Karte reingeschaut...das ist sehr spannend. Ich habe die PC-Version und kann schön reinzoomen. Die Papierkarte liegt nicht vor mir. Zunächst sieht es so aus, als ob für den Wanderweg ein Korridor zwischen den Schutzgebieten geschaffen worden wäre. Im Zoom erkennt man dann aber definitv, dass südlich vom P.1628 (Gipfel) und südöstlich von P.1506 die Zonen die nordöstliche und die südwestliche Schutzzonen zusammengeschlossen werden. Welchen Sinn es dann macht, überhaupt zwei große Schutzzonen auszuweisen um sie dann wieder zu einer zusammen zu schließen muss man natürlich hinterfragen.
In der Legende zu den AV-Karten werden Schutzzonen mit gestrichelten Grenzen als Wild-Wald-Schongebiete ausgewiesen. Sie gelten für Skifahrer und Schneeschuhgänger und sollten auf freiwilliger Basis nicht betreten werden. Solange man im Sommer dann dort nicht mit Ski oder Schneeschuhen unterwegs ist, darf man da auch im genannten Zeitraum ohne Probleme passieren :ohmann: ;D.
Andererseits ist der Besucherdruck in diesem Gebiet sicher recht hoch, so dass die Frage nach Ruhezonen für Tiere auf jeden Fall legitim ist. Wenn der Hinweis dann kommt, dass man von April bis Juli die Tiere schützen kann, findet man sicherlich Alternativen in der Gegend oder plant die Tour zu anderer Zeit. Die Alternativen werden jedoch auch durch weitere Schutzzonen in der Umgebgung auch erschwert.
Wir erinnern uns auch an die Idee einer Skischaukel am Riedberger Horn. Da war den Menschen der Gegend der Schutz der Natur auch nicht besonders wichtig. Vermutlich wäre das Ganze zwischen die bestehenden Schutzzonen gebaut worden, aber das eine solche Infrastruktur in unmittelbarer Nähe Auswirkungen auf die Tierwelt gehabt hätte, dürfte meiner Meinung nach schon sehr wahrscheinlich sein. Vermutlich hätte man als Ausgleichsmaßnahme weitere Räume der Umgebung mit Hilfe von Schutzzonen geschlossen.
Mein Fazit: Der Verzicht auf die Überschreitung des Dreifahnenkopfs im angegebenen Zeitraum dürfte wohl kein Fehler sein. Entscheidet man sich gegen den freiwilligen Verzicht, bewegt man sich auf einem offiziellen Wanderweg. Für diesen gibt es von Nordwesten kommend keine vernünftige Alternative, lediglich der Abstieg zur Grafenälpehütte mit gut 300 Höhenmeter Verlust kommt in Frage. Ich persönlich würde auch niemand verurteilen, wenn er am Wanderweg dort auch im Zeitraum unterwegs ist.
Titel: Antw:Übergang Höllritzereck - Dreifahnenkopf - Grauenstein
Beitrag von: horst am 02. Mär 2020 - 21:31 Uhr
Hallo Kauk, danke für deine sehr ausführliche Antwort-habe erst jetzt wieder hier reingeschaut. Ich denke genauso wie du, und Kristian wahrscheinlich auch, sodass wir für den hier vorliegenden Fall sicher ziemlich gut übereinstimmen. Was mich an diesem Fall wundert, ist, dass merkwürdigerweise offenbar für den Winter keine Sperrung vorgesehen ist - nur vom Frühjahr bis zum Spätsommer. An anderer Stelle werden Gelände gerade dieser Höhenlagen im Winter zum Schutz für Schneehühner etc. gesperrt. Für mich stellt sich also die Frage, was ist hierzu der Grund - denn irgendeine Begründung dazu muss es wohl geben. Gibt es dort evt. dort keine Schneehühner, evt. wegen der Nähe des Tourismus bei Grasgehren ?
Titel: Antw:Übergang Höllritzereck - Dreifahnenkopf - Grauenstein
Beitrag von: Xander am 12. Mär 2020 - 07:06 Uhr
Zumindest muss man keine AV Karten kaufen um sich die Infos zu besorgen.
Leider gibt es für die einzelnen Schutzgebiete jeweils keine Begründung.
Mich irritiert im Eingangspost der Hinweis auf die Jäger und ich frage mich wie es zu der Vermischung der Themen kommt.

http://www.freiraum-lebensraum.info/fileadmin/user_upload/Kampagne/Gebietsflyer/GF_Gunzesrieder_Tal.png