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Auf dem Hochvogel  (gelesen 4637 mal)

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Offline kalle

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Auf dem Hochvogel
« am: 06. Sep 2005 - 16:50 Uhr »
beim durchstöbern geschichtlicher unterlagen ist mir dieser beitrag aufgefallen, der von der brüchigkeit des gipfelstockes des hochvogels erzählt. die folgenden zeilen stammen aus der hüttenchronik des prinz-luitpold-hauses welches im jahre 1881 errichtet wurde...

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Juli 1935

"Die südwestliche Gipfelkante des Hochvogels wies von alters her in der Westflanke einen senkrechten Riß auf. Die Ursache dieser Spaltung liegt wohl in der überhängenden Schwere eines Teiles der oberen Südwand, die ihre gelben Felsen über den Wandsockel hinaus ins Weittal reckt.

Eine innere Bewegung der etwa 80 Meter hohen abgetrennten Wand konnte ich bereits früher, gelegentlich eines Durchstiegsversuchs dieser Wand feststellen. Ferner im oberen Teil des Hauptspaltes frisch gebrochene, eingeklemmte Blöcke, an denen zu erkennen war, dass sie ihre Lage erst in jüngster Zeit eingenommen hatten. Bei einem allfalsigen Niedergang der Gesteinsmassen waren jedoch weder Leben noch Gut oder Wege gefährdet, deshalb wurde nichts weiter unternommen.

Die erste Kalbung erfolgte bereits im September 1934, während ich mit einer Partie auf dem Gipfel des Hochvogels war. Wir bemerkten nichts weiter als entfernten Donner und darauf eine gelbe, nach Schwefel stinkende Wolke, die sich um den ganzen Gipfel legte. Ich ahnte sofort, was los war, und verfolgte, nachdem sich die Staubwolke verzogen hatte, von oben den Verlauf der Steinlawine. Sie nahm den erwarteten Weg, ohne zu schädigen, wie auch die am 27.6.1935 erfolgte große Kalbung, bei der tausende von Kubikmetern Fels abgingen und in die riesigen Bachschluchten des Weittales hinabstürzten.

Vor der Besteigung dieser Wegen ihrer außerordentlichen Brüchigkeit und Unzuverlässigkeit gefährlichen Wand muss nach wie vor gewarnt werden."
« Letzte Änderung: 06. Sep 2005 - 16:50 Uhr von kalle »
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Offline kalle

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Auf dem Hochvogel
« Antwort #1 am: 06. Sep 2005 - 17:38 Uhr »
Nacht auf dem Hochvogel

Hermann von Barth; "Aus den Nördlichen Kalkalpen"

19. Juli 1869

"Es war 8 Uhr abends. Ich hatte zur direkten Ersteigung des Hochvogels von Sonthofen aus nahezu zehn Stunden gebraucht.
Das Tagewerk war vollbracht, und ich begann nach einem Nachtlager mich umzusehen. Hart neben dem trigonometrischen Signale hat der Gipfel auf der Ostseite eine tiefe, vollkommen geschlossene Grube, in welcher mittels Beseitigung und Zurechtlegung einiger Felstrümmer, geeigneter Verwendung der herumliegenden Brettchen, Überbleibsels des trigonometrischen Signals, und endlich mittels des eigenen Bergsackes bald ein ganz erträgliches Lager zurecht gerichtet war. Was an Reservekleidungsstücken und Wäsche vorhanden war nicht viel natürlich wurde übergezogen, der Proviantvorrat gewissenhaft zwischen heute und morgen geteilt. Noch eine kurze Weile saß ich still beschaulich auf dem Gipfel, während alles rings umher im Dunkel versank und der Bergwind in kalten Stößen aus den Karen heraufbrauste. Die Helle des Mondes begann sich geltend zu machen und warf durch Lükken des Gewölkes hier und dort ihre grellen Lichter auf die Felsenriesen. Die zunehmende Kälte trieb mich aber bald in meinen Schlupfwinkel zurück; ich streckte mich, so gut es gehen wollte, über den holprigen Boden, richtete den Bergsack zurecht, legte mich aufs Ohr und sagte dem Hochvogel gute Nacht.

Die Ermüdung des verflossenen Tages ließ mich anfänglich in einen Halbschlummer fallen. Bald war es auch mit dem halben Schlafe vorüber, die Lagerstätte war zu ungewohnt und die Kühle der Nacht zu empfindlich Ich lag nun meist mit offenen Augen in meinem Felsengrabe, betrachtete die aneinandergereihten, vom untergehenden Monde grellbeleuchteten Wolkenballen, die greifbar nahe über mich hinwegflogen, den Sternenhimmel, den die Lücken sichtbar werden ließen und an welchen ich in der Ortsveränderung der Gestirne das allzu langsame Vorrücken der Nacht ermaß. Der Sturmwind, immer mächtiger sich erhebend, heulte und pfiff dazu wundersame Melodien. Dann wieder Stille und leises Flüstern zitterte durch den weiten Raum ... Der Mond sinkt unter den Horizont, dichteres Dunkel umfängt meine Felseninsel im Luftozean schwärzer noch als die Nacht zeichnet der Umkreis des Gebirges am Himmel sich ab. Über die massigen Türme der Hornbacher Kette im Süden leuchtet Gewitterschein. Mit dickem Frühnebel füllen sich die Täler; bald fliegen sie herauf, die Berghäupter einhüllend, bald wieder sinken sie bleiern zurück in die Tiefe. Durch ihre Lichtungen zeigt sich ein heller Streif im Osten, es naht der Tag. Der Sonnenball, den ich hinter den Schweizer Bergen niedergehen sah, schickt sich an, über die Zackengipfel der Tannheimer Berge wieder emporzusteigen. Nebelgrau ist dort der Himmel und nebliger Dunst umfängt mich von allen Seiten, selten nur ein Blick auf die benachbarten Berge gestattend. In senkrechter Höhe über mir aber ist der Schleier durchsichtig, und an dem Verbleichen der helleuchtendsten Gestirne erkenne ich den Anbruch des Morgens.

Ich verlasse mein hartes Lager mit steifen und erstarrten Gliedern und setze mich auf einen großen Block am Rande der Grube ... "
« Letzte Änderung: 06. Okt 2005 - 23:31 Uhr von kalle »
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Offline usch

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Auf dem Hochvogel
« Antwort #2 am: 07. Sep 2005 - 10:45 Uhr »
Hi Kalle,

mei, schön!

Wie würde der Gute uns um unsere Isomatten, Schlaf- u. Biwaksäcke beneiden! :-)
Aber wunderschön beschrieben!

Aber Kalle - Der Bericht von H. v. Bart.
Wo hast du den gefunden?
Bin schon seit längerer Zeit auf der Suche nach einem Buch, das seine Berichte enthält. Gibts das irgendwo und wie heißt es?

lg usch
« Letzte Änderung: 07. Sep 2005 - 10:49 Uhr von usch »
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Offline kalle

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Auf dem Hochvogel
« Antwort #3 am: 07. Sep 2005 - 19:35 Uhr »
hi usch,

den bzw. die berichte von hermann von barth habe ich aus verschiedenen büchern (ich sammle alte alpinbücher und alte postkarten, etc.)

ein buch von den sammlungen von eindrücken und beobachtungen von hermann von barth nennt sich "Aus den Nördlichen Kalkalpen", ich habe es allerdings noch nicht gefunden (auch bei ebay nicht)

allerdings gibt es eine online-version des buches zum nachlesen... :)

ein kleines portrait des alpinpioniers gibt es noch auf meiner alten seite... klick (zumindes so lange ich die neue seite hier noch nicht ganz fertig gestellt habe, aber das kann noch ein wenig dauern da ich momentan nicht so viel zeit habe. im winter wäre besser gewesen, aber bis dahin ist die neue hoffentlich schon fertig :P :-X)
« Letzte Änderung: 23. Dez 2007 - 22:17 Uhr von Kalle »
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Offline berto

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Re: Auf dem Hochvogel
« Antwort #4 am: 24. Dez 2007 - 11:06 Uhr »
Hallo Usch!
Möchte mich zur Beantwortung Deiner Frage mit einschalten.
Irgendwie kam mir die Geschichte von Hermann von Barth
bekannt vor.
Ende der siebziger Jahre bekam ich das Buch " Erlebnis Außerfern"
von Hannes Gasser geschrieben zu Weihnachten.
Ich blätterte nach, und tatsächlich dort steht auch diese Geschichte
drin. Es steht dort auch der Hinweis, daß es aus dem Buch
" Aus den Nördlichen Kalkalpen" stammt.
Das ist aber die einzigste Geschichte von Hermann von Barth, die
im "Erlebnis Außerfern" steht. Es stehen dort aber noch viele andere
alte Geschichten aus der Region drin.
Frohe Weihnachten

Beste Grüße
Husum
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Offline Max

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Re: Auf dem Hochvogel
« Antwort #5 am: 24. Dez 2007 - 11:30 Uhr »
Da ich einer der glücklichen Besitzer des Buches "Aus den Nördlichen Kalkalpen" bin, kann ich euch weiterhelfen:

Natürlich besitze ich nicht das Original von 1874, das ist mir mit 250 EUR zu teuer. Glücklicherweise wurde 1984 ein Reprint aufgelegt, den ich mir für gut 50 Euro gegönnt habe. Keiner dieser Euro hat sich nicht gelohnt, denn das Buch ist eine wahre Fundgrube an spannenden Geschichten aus den Nördlichen Kalkalpen. Lange Rede, kurzer Sinn. Bei Zvab.com gibt es noch einige Exemplare, allerdings mit 65 € recht teuer...

Hier findet ihr das von mir genannte Buch.

Als zusätzliche Info hab ich euch mal die Untertitel in Bezug auf die Allgäuer Alpen unten angehängt:

- Das Thannheimer Gebirge (Gimpel, Köllen- und Gehrensp.)
- Eine Nacht auf dem Hochvogel
- Die Trettachspitze an der Mädelegabel (Überschreitung der Trettach)
- Das Hohe Licht
- Die Krotenköpfe (Krottenkopf, Öfner- und Krottenspitze)
- Der Urbeleskarspitz in der Honrbacherkette (Urbeleskar- und Wasserfallkarspitze, Klimmspitze)

Ich hoffe, ich konnte ein wenig weiterhelfen.

Gruß, Max
« Letzte Änderung: 24. Dez 2007 - 11:49 Uhr von Max »
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