Die gleiche Tour, die Robert im Sommer 2007 gemacht hat, bin ich gestern vor zwei Wochen gegangen. Auch im Herbst ist sie absolut zu empfehlen. Begleitet wurde ich wieder von einer Hälfte der Grenzgänger.
Wenn man die Tour in Kelmen startet, folgt man der Straße Richtung Berwang wenige hundert Meter, bis links ein Forstweg Richtung Rinnen abzweigt. Dieser bringt einen abseits der Straße in gut einer Stunde zum Eingang des inneren Rotlechtales, wo man die Tour alternativ starten kann. Nach der Überquerung der Hauptstraße wandert man nun oberhalb des rauschenden Rotlechs ins Tal hinein. Links erblickt man auf der anderen Talseite am Hang das Bergdorf Mitteregg, das zur Gemeinde Berwang gehört, während der Talhintergrund vom kantigen Loreakopf beherrscht wird. Nach einer halben Stunde erreicht man die Althütte, eine Jagdhütte mit Wintergarten, wo rechts der Pfad auf die Schlierewand abzweigt. Dieser leitet durch den dichten Schlierewald in allgemein nordwestlicher Richtung hinauf zu einer weiteren Jagdhütte, der Schlierenhütte. Von dort bietet sich ein schöner Blick zum Thaneller. Nun verläuft der Weg nach Südwesten, und der Wald wird nach und nach lichter. Zwischen einigen Lärchen und Latschen erkennt man bald den felsigen Gipfelaufbau der Schlierewand. Der Pfad ist nun deutlich rauer und leitet mal über flache Böden, mal über steile, steinige Rampen zur abweisenden Ostflanke der Schlierewand. Dort geht es hinauf, aber es sieht von unten schlimmer aus, als es in Wirklichkeit ist. Durch eine Latschenzone, wo man gut auf die Wegführung achten muss, wird man an den Fels herangeführt und gelangt schließlich zur Ostschulter der Schlierewand, wo sich plötzlich ein imposanter Tiefblick ins Schlierekar bietet. Ab hier folgt man dem Grat in östlicher Richtung. Dieser bricht rechts beinahe senkrecht nach Norden ab, während die Südseite von sanften Grasmatten geprägt ist. Einen felsigen Vorgipfel bezwingt man unter Zuhilfenahme der Hände. Hier hast man die anspruchsvollste Stelle bereits hinter sich, denn der weitere Aufstieg bis zum Gipfel erfolgt im Wesentlichen durch Gras. Und so gelangt man recht gemütlich zum Gipfelkreuz, von wo besonders der Tiefblick auf Kelmen beeindruckt. Zum weiten Gipfelpanorama gehören unter anderem die Zugspitze, die Stubaier Alpen, und die Parseierspitze, aber auch viele hohe Gipfel der näheren Umgebung, wie Knittelkarspitze, Heiterwand und Hochvogel.
Der folgende Übergang vom Hauptgipfel der Schlierewand zum Sandegg ist der angenehmste Teil der Tour. Zeitweise folgt der Weg direkt der nach Norden steil abfal-lenden Gratkante, manchmal weicht er auf die grasige Südseite aus. Schwierige Wegstücke gibt es hier keine, so dass man oft den schönen Ausblick genießen kann. Das Sandegg ziert ein Holzkreuz, das etwas unterhalb des Gipfels steht. Nach einer letzten Gipfelschau erfolgt der Abstieg ins Tal zunächst gemächlich in den weiten, grasigen Sattel zwischen Sandegg und Seelakopf. Ab hier geht es jedoch in großen Zick-Zack-Kehren über die steile Grasflanke rasant abwärts in Richtung Kelmer Kar. Man verliert ungemein schnell an Höhe. Im Kelmer Kar angekommen, begeistert Blick zum Seelakopf, der wie eine Felsburg das Kar umrahmt. Der weitere Abstiegsweg zweigt hier rechts ab und ist zwar markiert, aber es gibt keinen Wegweiser. Er überquert zwei kleine Bachläufe und folgt anschließend dem Karbach an dessen orographisch rechter Seite. Gerade im oberen Teil ist der Weg sehr steinig und führt über mehrere große Geröllfelder. Bald wechselt er die Bachseite und verläuft durch dichten Wald in kleinen Kehren bergab. Wenn man den Wald verlassen hat, überquert man ein letztes Mal den Karbach und wandert über bucklige Grasmatten, wo sich die Wegspuren verlieren, auf einen Holzzaun zu. Ein Durchlass führt auf eine weitere Wiese und letztendlich nach Kelmen.
Anfahrt und Ausgangspunkt: Kelmen, 1358 m, zu erreichen von Namlos über die Straße Richtung Berwang, ca. 3 km von Namlos entfernt; Parkmöglichkeit dort, wo von der Hauptstraße die Ortszufahrt abzweigt; Bushaltestelle: Kelmen (Achtung, das Linientaxi verkehrt nur dreimal täglich!); alternativ Parkmöglichkeit am Straßenrand an der Abzweigung des Forstweges ins Rotlechtal, hier verkehrt jedoch kein Bus.
Höchster Punkt: Schlierewand, 2217 m.
Reine Gehzeit: Von Kelmen zur Abzweigung ins Rotlechtal ca. 1 Std., Aufstieg auf die Schlierewand ca. 3 Std., Abstieg übers Sandegg nach Kelmen ca. 2 Std.; insgesamt ca. 6 Std.
Einkehr: Nur im Tal.
Charakter: Von Kelmen bis zur Althütte im Rotlechtal Forstwege, dann Bergpfade, die teilweise steil und steinig sind, im Gipfelbereich Trittsicherheit nötig, eine Stelle erfordert die Zuhilfenahme der Hände; die Tour ist durchgängig markiert.
Bild 1: Morgenstimmung im Rotlechtal mit dem Loreakopf.
Bild 2: Die Ostflanke der Schlierewand, über die der Aufstieg verläuft. Der Gipfel ist ganz rechts zu sehen,